Im HühnerLockdown
Die Vogelgrippe breitet sich in Bayern aus – wieder einmal. Was das für Geflügelhalter bedeutet und ob sich auch Menschen anstecken können
Augsburg Ihre zehn Legehennen hält Hannah Lenzen (Name von der Redaktion geändert) normalerweise in ihrem eigenen Garten im Landkreis Landsberg am Lech. In den Stall zieht es die Tiere sonst nur bei schlechtem Wetter. Im Januar jedoch wies das Bayerische Landesamt für Gesundheit unweit ihres Wohnorts bei einem toten Schwan Geflügelpest nach. Seither muss Lenzen ihre Tiere in einen engen Holzverschlag sperren. Was für die Hühnerhalterin als nettes Hobby begann, entwickelt sich nun zunehmend zu einem handfesten Problem.
„Eine meiner Hennen fing plötzlich an, die anderen zu picken, ihre Federn zu packen, die Haut zu zerkratzen. So stark, dass die Tiere geblutet haben“, erzählt Lenzen im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie sei nicht die Einzige mit diesem Problem. „Ich kenne viele Geflügelhalter, denen es gerade so geht wie mir.“Das störrische Tier hat Lenzen zwischenzeitlich in einem eigenen Käfig untergebracht. Die Sorge vor weiteren Vorfällen bleibt. Denn: Von anfänglich Mitte März hat das Landsberger Landratsamt die Stallpflicht für Geflügel auf mittlerweile ungewisse Zeit verlängert.
In rund 30 bayerischen Landkreisen und kreisfreien Städten, darunter auch Neuburg-Schrobenhausen, Weißenburg-Gunzenhausen und Lindau, hat das Friedrich-LoefflerInstitut (FLI) seit November 2020 Fälle von Geflügelpest bei Wildvögeln und Hausgeflügel festgestellt.
Das Risiko weiterer Infektionen in Bayern wird vom FLI als hoch eingestuft. Auch das Bayerische Landesamt für Gesundheit spricht auf Anfrage unserer Zeitung von einem „dynamischen Geschehen“und der bestehenden Gefahr einer Ausbreitung. Die Folge: strikte Hygienemaßnahmen für private und kommerzielle Geflügelhalter, wie etwa Zugangsbeschränkungen in den Ställen, Schuhdesinfektion an den
Eingängen und Einweg-Schutzkleidung.
Auch Barbara und Jürgen Fischer aus Hohenfurch im Landkreis Weilheim-Schongau halten Hühner – 12 000, um genau zu sein. Und auch dort hat das zuständige Veterinäramt aktuell eine Stallpflicht verordnet. Weil der Fischerhof ein Erlebnisbauernhof und Großbetrieb ist, gebe es dort aber kein Platzproblem, sagt Barbara Fischer. „Wir halten fünf Hühner pro Quadratmeter, da bleibt definitiv genug Raum für alle.“Es gebe sogar einen Wintergarten für das Federvieh. Fischer betont: „Im Vergleich zu kleinen Geflügelhaltern können wir wirklich froh sein.“
Was aber macht diese Krankheit aus, die so regelmäßig für öffentlichen Wirbel sorgt? Aviäre Influenza, umgangssprachlich auch Vogelgrippe genannt, ist eine durch Viren ausgelöste Infektionskrankheit, die ihren natürlichen Wirt im wilden Wasservogel hat. Die Viren treten in unterschiedlichen Varianten (geringpathogen, also kaum krank machend, und hochpathogen, äußerst krank machend) und verschiedenen Subtypen auf.
Geringpathogene VogelgrippeViren lösen laut dem FriedrichLoeffler-Institut bei Hausgeflügel, etwa Gänsen und Enten, kaum oder nur milde Krankheitssymptome aus. Es besteht jedoch die Gefahr einer Mutation der Viren zu einer äußerst krank machenden Form. Diese zeigt sich dann klinisch als Geflügelpest und ist für betroffene Tiere meist tödlich.
Der aktuell am häufigsten kursierende Virustyp H5N8 kann auch auf den Menschen übertragen werden. Russische Behören hatten im Dezember des vergangenen Jahres nach eigenen Angaben den weltweit ersten Fall einer Übertragung des Typs H5N8 auf den Menschen nachgewiesen. Bei den insgesamt sieben betroffenen Mitarbeitern einer Geflügelfarm sei die Krankheit jedoch milde verlaufen. In Deutschland ist laut Angaben des FriedrichLoeffler-Instituts bislang keine Infektion mit dem Erreger H5N8 bekannt geworden.
Auch müssen Verbraucher sich keine Sorge machen, wenn sie Fleisch oder Eier aus unbekannter Herkunft verarbeiten. Der Erreger, teilt das Institut auf Nachfrage mit, sei hitzeempfindlich und werde durch Kochen sicher unschädlich gemacht.