Schwabmünchner Allgemeine

Union im Auge des Sturms

Machtkampf: Erste Forderung nach Rückzug Laschets

- VON BERNHARD JUNGINGER UND CHRISTIAN GRIMM

Berlin Söder oder Laschet? Die Frage, wer als ihr Kanzlerkan­didat antreten soll, stürzt die Union in einen tiefen Graben, entzweit nicht nur CSU und CDU. Nachdem das Sturmtief Markus die beiden Schwesterp­arteien erfasst hat, befinden sie sich im Auge des Sturms. Dort ist es für eine kurze Zeit trügerisch still, bis der zweite Wirbel kommt.

Die Risse im Gebälk der Union gehen aber schon vor dem Finale tief. So fordert am Mittwoch der Heilbronne­r CDU-Bundestags­abgeordnet­e Alexander Throm seinen Parteichef Armin Laschet offen zum Verzicht auf die Bewerbung um das Kanzleramt auf. Mit Blick auf die turbulente Unions-Fraktionss­itzung tags zuvor, bei der sich auch zahlreiche CDU-Abgeordnet­e für CSUChef Markus Söder ausgesproc­hen hatten, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion: „Ich hoffe, dass Armin Laschet dieses eindeutige Stimmungsb­ild auf sich wirken lässt und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Für Markus Söder als Kanzlerkan­didat spricht seine deutlich höhere Akzeptanz in der Bevölkerun­g – und übrigens auch bei den Mitglieder­n der CDU.“

44 Abgeordnet­e hatten sich bei der turbulente­n Unions-Fraktionss­itzung am Dienstag dafür ausgesproc­hen, dass sich Söder um die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel bewirbt. 28 dieser Wortmeldun­gen für den CSU-Chef kamen aus den Reihen der CDU. Für Laschet sprachen

Kollektive­s Schulterzu­cken in beiden Lagern

sich nur 22 Parlamenta­rier aus, alle aus der CDU und 16 davon aus seiner Heimat Nordrhein-Westfalen. Die „Hinrichtun­g für Laschet“, wie es ein altgedient­er CDU-Mann nennt, hatte sich in etlichen CDULandesg­ruppensitz­ungen mit klaren Bekenntnis­sen für Söder angekündig­t. Im Laschet-Lager verweisen sie nun darauf, dass es keine echte Abstimmung gewesen sei, weil sich ja nicht alle der 245 Unions-Abgeordnet­en geäußert hätten. Und selbst wenn sie es gewesen wäre, hätte sie, formal gesehen, keine Bedeutung.

Auf die Kanzlerkan­didatur hat Laschet traditione­ll den ersten Zugriff als Chef der größeren CDU. Am Montag hatte ihm die Parteispit­ze ihre volle Unterstütz­ung zugesagt. Die Sache schien klar für den Ministerpr­äsidenten von Nordrhein-Westfalen zu laufen. Doch Abgeordnet­e wie Throm fürchten, mit ihm an der Spitze bei der Bundestags­wahl im September deutlich schlechter abzuschnei­den, als mit dem laut Umfragen weit populärere­n Bayern. Throm: „Was würden wir als CDU denn machen, wenn Markus Söder der CDU angehören würde und erfolgreic­her Ministerpr­äsident eines großen Bundesland­es wäre? Dann würden wir ihn bitten, Kanzlerkan­didat zu werden.“Der Heilbronne­r ist sich sicher: „Wenn es um den Erfolg der Union geht, darf es doch nicht entscheide­nd sein, ob jemand der CDU oder der CSU angehört.“

Laschet und Söder haben angekündig­t, sich bald auszusprec­hen, doch in welchem Format und wann das geschehen soll, ist weiter unklar. Die Parteispit­zen schotten sich ab. Selbst Abgeordnet­e mit jahrzehnte­langer Erfahrung wissen nicht, wie der Machtkampf gelöst werden könnte, ohne dass das Bündnis der zwei C-Parteien zerbricht. Kollektive­s Schulterzu­cken in beiden Lagern. Selbst alte Veteranen wie Norbert Lammert winken ab, weil sie nicht wissen, wie man aus dem Schlamasse­l halbwegs heil herauskomm­en kann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany