Was Söder von Strauß und Stoiber gelernt hat
Der CSU-Chef will beweisen, dass es ein Bayer eben doch zum Bundeskanzler bringen kann. Die Fehler seiner gescheiterten Idole wird er nicht wiederholen. Doch eines hat er mit ihnen gemeinsam
Augsburg Als Markus Söder noch nicht selbst nach den Sternen griff, eiferte er zwei politischen Vorbildern nach. Beide wollten Kanzler werden, beide erkämpften sich die Kandidatur mit Ellenbogen, beide scheiterten am Ende. Nun will der 54-Jährige schaffen, was seinen Idolen verwehrt blieb. Bis heute erzählt Söder gerne die Geschichte, dass in seinem Jugendzimmer in den 80er Jahren keine Poster von Fußballern oder Popstars hingen, sondern eines vom CSU-Übervater Franz Josef Strauß. Ob er später auch irgendwo im Herrgottswinkel ein Porträt von Edmund Stoiber aufgestellt hat, ist nicht überliefert. Keinen Zweifel gibt es hingegen daran, dass Söder ohne seinen Mentor heute nicht an der Spitze der CSU stehen würde. Dass es weder Strauß noch Stoiber bis zum Bundeskanzler gebracht haben, dürfte für den Franken in diesen turbulenten Tagen eine zusätzliche Motivation sein. Aus ihrem Scheitern hat er gelernt.
Strauß will eigentlich schon 1976 antreten, muss aber seinem ewigen Rivalen Helmut Kohl grummelnd den Vortritt lassen. Der Pfälzer holt zwar ein Top-Wahlergebnis, mithilfe der FDP rettet der Sozialdemokrat Helmut Schmidt trotzdem seine Macht. Strauß ist felsenfest überzeugt, mit ihm selbst als Kanzlerkandidaten hätte die Union die fehlenden Prozente geholt. Er fühlt sich um die Chance seines Lebens betrogen. Wenige Wochen später bricht sein Grant aus ihm heraus. „Der Helmut Kohl wird nie Kanzler werden, er ist total unfähig. Ihm fehlen die charakterlichen, die geistigen und die politischen Voraussetzungen. Ihm fehlt alles dafür“, brüllt das politische Urvieh hinter vermeintlich verschlossenen Türen. Die berühmte „Wienerwald-Rede“wird heimlich mitgeschnitten und geht in die Geschichte ein. Nie steht die Ehe von CDU und CSU so knapp vor der Scheidung wie damals.
1980 ist Strauß dann nicht mehr zu bremsen. Die CDU will den niedersächsischen Ministerpräsidenten
Ernst Albrecht ins Rennen schicken. Doch der Bayer erzwingt , was Söder an diesem Montag nicht erzwingen wollte oder konnte: eine Abstimmung in der Bundestagsfraktion. Er setzt sich durch und zieht in einen der erbittertsten Wahlkämpfe aller Zeiten. Strauß polarisiert bis aufs Blut, immer wieder kommt es zu Ausschreitungen zwischen Anhängern und Gegnern. Letztlich hat er gegen Helmut Schmidt keine Chance. Das lastet er auch der CDU an, die sich nach seinem Empfinden im Wahlkampf nicht gerade inbrünstig für ihn ins Zeug gelegt hatte.
22 Jahre später steht Edmund Stoiber an einem Wahlabend vor jubelnden Parteifreunden und sagt einen echten Stoiber-Satz: „Ich werde noch kein Glas Champagner öffnen, aber es wird bald sein.“Dazu soll es allerdings nicht kommen, denn entgegen ersten Hochrechnungen gewinnt Gerhard Schröder die Bundestagswahl knapp. Dass er es mit dem bayerischen Ministerpräsidenten aufnehmen musste, wurde nicht in der Bundestagsfraktion, sondern bei Semmeln, Wurst und Orangensaft entschieden. Beim legendären „Wolfratshauser Frühstück“in Stoibers Privathaus erklärt CDUChefin Angela Merkel – unter massivem Druck einer mächtigen Männerriege in der eigenen Partei – ihren Verzicht und überlässt Stoiber das Feld. Der stellt sich im Wahlkampf allerdings nicht immer geschickt an. Dem charismatischen Redner Schröder ist der rhetorisch limitierte Herausforderer nicht gewachsen. Hinzu kommt die OderFlut. Stoiber schickt aufmunternde Worte, Schröder weiß um die Macht der Bilder und inszeniert sich als Krisenmanager in Gummistiefeln. Die Deutschen wollen keinen Bayern als Kanzler, resümiert Stoiber nach seiner Niederlage bitter.
Nun will sein politischer Ziehsohn Markus Söder das Gegenteil beweisen. Was hat er seinen Vorgängern voraus? Anders als Strauß ist es ihm gelungen, das einstige Image als politischer Krawallbruder und Polarisierer abzulegen. Anders als Stoiber kann er mit Kamera und Mikrofon umgehen. Er ist ein mitreißender Redner, der auch die Zwischentöne beherrscht und kein Problem damit hat, sich auch mal selbst aufs Korn zu nehmen. Das kommt bei den Menschen an, das macht ihn wesentlich populärer als frühere CSU-Anwärter. Doch eines hat Söder mit Strauß und Stoiber gemeinsam: Auch er wird es nur mit Ellenbogen zum Kanzlerkandidaten der Union bringen.