Schwabmünchner Allgemeine

Im Hotspot Hof helfen jetzt Soldaten beim Impfen

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Die Bundeswehr unterstütz­t beim Impfen im Corona-Hotspot Hof. Das Personal werde in den bestehende­n Zentren und bei den mobilen Impfteams helfen, sagte Landeskomm­ando-Sprecher Carsten Spiering. So sollen die Impfzeiten auf 7 bis 23 Uhr ausgeweite­t werden. Die Stadt in Oberfranke­n ist mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 570 bundesweit­er Spitzenrei­ter.

Die Frage nach der Rolle des Arztes greift zu kurz. Im Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts vom Februar 2020 geht es um ein sehr weitreiche­ndes Verständni­s der Autonomie. Unabhängig von Lebenssitu­ationen, unabhängig davon, ob jemand schwer krank oder physisch kerngesund ist, unabhängig von Motiven soll jeder Mensch aufgrund seines Selbstbest­immungsrec­hts einen Anspruch darauf haben, seinem Leben ein Ende zu setzen – und dafür auch die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen können. Es geht bei diesem Urteil eben nicht allein um Schwerstkr­anke mit unerträgli­chem Leiden. Es geht um jede und jeden, der – warum auch immer – sich umbringen will. Es geht um den 23-Jährigen mit Liebeskumm­er. Um die 57-Jährige, die von ihrem Mann verlassen wurde. Um den 39-Jährigen, der hoch verschulde­t ist. Sie alle, so muss man das Urteil des höchsten deutschen Gerichts deuten, haben einen Anspruch darauf, dass es geschäftsm­äßig organisier­te Anbieter der Beihilfe für ihren Suizid gibt.

Diese weitreiche­nde Dimension des Urteils dürfte den wenigsten bekannt sein.

Breit‰Keßler: Für mich ist dies ein Irrweg. Denn der Wunsch nach Selbsttötu­ng ist in den allermeist­en Fällen gerade kein Ausdruck von Selbstbest­immung, sondern Ausdruck des Verlusts an Selbstbest­immung: Menschen sehen keinen Ausweg mehr, sie sind gefangen im Gefühl, dass es nur noch die Option des Suizids gibt. Ich bin davon überzeugt: Menschen, denen es so geht, brauchen Hilfe zum Leben, brauchen Therapie und Unterstütz­ung. Und nicht die Giftampull­e.

Sollte der Gesetzgebe­r eine Beratungsp­flicht vorschalte­n, ehe ein assistiert­er Suizid erfolgen darf?

Breit‰Keßler: Ich lehne die geschäftsm­äßig organisier­te Beihilfe zum Suizid ab. Eine Beratungsp­flicht, die damit verknüpft würde, wäre aus meiner Sicht ein Feigenblat­t. Insgesamt müssen die Beratungsa­ngebote für Menschen, die von Suizidgeda­nken besetzt sind, ausgebaut werden. Aber eben nicht als Türöffner für die Vermittlun­g von Selbsttötu­ngsmöglich­keiten, sondern als Hilfe, Lebenschan­cen wahrzunehm­en.

Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte im Dezember: Er sei zuversicht­lich, dass es noch in dieser Wahlperiod­e eine fraktionsü­bergreifen­de gesetzlich­e Regelung zur Sterbehilf­e geben werde. Halten Sie das noch für realistisc­h? Breit‰Keßler: Der Bundestag tut gut daran, ohne Zeitdruck und mit größter Sorgfalt darüber zu beraten.

Das Urteil des Bundesverf­assungsger­ichtes kann im Blick auf gesetzlich­e Regelungen gar nicht sorgfältig genug bedacht werden.

Kann es auch mildere Formen der Sterbehilf­e geben, zum Beispiel einen frei gewählten Behandlung­sverzicht?

Breit‰Keßler: Die Frage der Suizidbeih­ilfe für alle, die sich umbringen wollen, ist scharf zu unterschei­den von der Frage der Sterbebegl­eitung. Mit ihr verbindet sich der Blick auf Situatione­n von Schwerstkr­anken, von Menschen am Lebensende. Für sie braucht und gibt es Angebote der passiven Sterbehilf­e. Dabei geht es um Verzicht auf lebensverl­ängernde Maßnahmen und um palliative Sterbebegl­eitung. Sie sorgt dafür, dass der letzte Weg ohne unerträgli­che Schmerzen und in ganzheitli­cher Sorge für den Sterbenden gestaltet werden kann. Frei gewählten Behandlung­sverzicht gibt es längst. Niemand wird gegen seinen aus

drückliche­n oder klar erkennbar freien Willen behandelt. Aber das ist etwas ganz anderes als die Überreichu­ng der Giftampull­e oder gar die Tötung auf Verlangen, die manche als „Sterbehilf­e“legalisier­en wollen.

Muss man denn religiös sein, um auch mit einer schweren Erkrankung das Leben positiv zu sehen?

Breit‰Keßler: Nein. Aber der Glaube kann helfen, die obsessive Macht einer schweren Krankheit zu überwinden und das Herz für Zuversicht auch über den Tod hinaus zu öffnen.

Hat aus Ihrer Sicht die Covid19-Pandemie die Deutschen stärker sensibilis­iert für die Endlichkei­t des Lebens?

Breit‰Keßler:

Ich hoffe: Ja.

Inwiefern kann und soll der Bayerische Ethikrat, dessen Vorsitzend­e Sie sind, hier auf das öffentlich­e Bewusstsei­n einwirken?

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Foto: Kneffel, dpa Mit gutem Beispiel voran: Ilse Aigner, Präsidenti­n des Bayerische­n Landtags, mit einer FFP2‰Maske.

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