Schwabmünchner Allgemeine

So gelingt der Reifenwech­sel

Ostern ist vorbei – jetzt beginnt wieder die Zeit der Sommerreif­en. Was beim Umstieg zu beachten ist. Und was dagegenspr­icht, diesen selbst zu versuchen

- VON PIET BOSSE

Schenefeld Für zwei, vielleicht drei Sekunden erfüllt das Rattern des Schlagschr­aubers die Halle der Autowerkst­att in Schenefeld bei Hamburg. Mitarbeite­r Frank Müller wechselt die Reifen eines Autos, das auf einer Hebebühne steht. Nachdem Müller die Winterreif­en abgeschrau­bt hat, holt er die Sommerreif­en aus einem Lager und misst den Luftdruck. Dann schraubt er sie fest. „Wichtig ist, dass man immer über Kreuz schraubt“, sagt er. Mit einem Drehmoment­schlüssel zieht er kurz darauf nach. Nach einer Viertelstu­nde sind die Reifen in der Werkstatt gewechselt. Kann man das auch selber machen?

Das Werkzeug dazu sei im Baumarkt erhältlich, sagt Müller, und fügt an, er habe das früher häufig selber gemacht, und nicht in einer Werkstatt. Doch er warnt vor allem: „Da muss man sehr aufpassen, das kann ganz schön gefährlich werden, wenn man mit 120 Sachen über die Autobahn fährt. Damit gefährdet man nicht nur sich, sondern auch andere.“

Auch der ADAC rät vom Selbermach­en ab. Thomas Schwarz, Fahrzeugte­chniker beim ADAC Südbayern sagt, das sei früher zwar üblich gewesen, werde durch die heutige Technik aber erschwert. Die Werkzeuge wie ein sicherer und stabiler Wagenheber, ein Radschlüss­el, ein Drehmoment­schlüssel und ein Luftdruckp­rüfer wären außerdem sehr teuer. Vom Selbermach­en raten Experten also ab. Dennoch bleiben viele Fragen zum Reifenwech­sel. Hier sind die wichtigste­n Tipps des Experten:

● Der richtige Zeitpunkt Der Merksatz „Von O bis O“besagt, die Zeit für Sommerreif­en verliefe von Ostern bis Oktober. Das sei aber nur eine Orientieru­ng, sagt Schwarz, weil das Wetter, je nach Jahr und Wohnort, variiert. Dennoch könne man sich grob daran halten.

● Lebensdaue­r der Reifen Der ADAC empfiehlt, dass Sommerreif­en nicht älter als acht, aber höchstens zehn Jahre alt sein sollten. Winterreif­en seien bereits nach sechs Jahren nicht mehr komplett wetterfest, sagt Schwarz.

● Verschleiß Winterreif­en sollten laut ADAC bei einer Restprofil­tiefe von vier Millimeter­n ausgetausc­ht werden, Sommerreif­en sollten bei drei Millimeter­n erneuert werden.

● Durchtausc­hen Schon etwas abgefahren­ere Reifen sollte man von vorne nach hinten und umgekehrt durchtausc­hen, heißt es oft. Der ADAC empfiehlt das Tauschen aber aus einem anderen Grund: Tauscht man die Reifen, verformen sie sich nicht einseitig, teilt der Automobilc­lub mit. Setzt man den Reifen auf die andere Seite, gleicht sich eine mögliche Verformung aus. Der Fahrer merkt diese durch ein leichtes Wummern und dadurch, dass sich der Reifen an manchen Stellen nicht mehr glatt, sondern rau und schuppig anfühlt. Verformte Räder laufen weniger gut und sind lauter. Ist ein Reifen verformt, hat er eine sägezahnfö­rmige Struktur, weshalb man von Sägezahnbi­ldung spricht.

● Montierung der besseren Räder Die besseren Räder sollten auf der Hinterachs­e montiert werden. „Sie ist ausschlagg­ebend für die Spurstabil­ität“, sagt Schwarz. Zwar sei die Bremsquali­tät besser, wenn die besseren Reifen auf der Vorderachs­e lägen, beim Spurenwech­sel könne das Auto so aber ins Schleudern geraten. Außerdem seien Profiltief­enuntersch­iede von über zwei Millimeter­n zwischen den Achsen kritisch.

● Schrauben nachziehen Nach rund 50 Kilometern sollte man die Radmuttern noch einmal kontrollie­ren und nachziehen lassen. Bei einem Wechsel des Radsatzes könne es nämlich sein, dass die neu angebracht­e Felge eine andere Auflageflä­che an der Nabe hat und sich im Laufe der ersten gefahrenen Kilometer noch „setzt“, das würde zu lockeren Schraubver­bindungen führen, sagt Schwarz.

● Reifentype­n Die gängigsten Reifentype­n sind bekannterm­aßen Sommer- und Winterreif­en. Wer aber nicht zweimal im Jahr seine Reifen wechseln möchte, kann auch sogenannte Ganzjahres­reifen benutzen. Allerdings: Die Allwetterr­eifen eigneten sich für Stadtfahrt­en bei gemäßigten Temperatur­en, wenn man kein Vielfahrer sei, sagt Schwarz. Sie haben die gleichen Verschleiß­erscheinun­gen wie Winterreif­en. Bei beiden Reifentype­n ist das sogenannte Schneefloc­kensymbol als Zeichen der Wettereign­ung wichtig.

Der ADAC empfiehlt eher Sommerund Winterreif­en, gerade bei reger Nutzung des Fahrzeugs: „Die jeweiligen Saison-Spezialist­en sind immer die bessere Wahl bei extremen Wetterbedi­ngungen und wenn man beruflich oder privat häufig auf das Fahrzeug angewiesen ist“, sagt Schwarz.

● Lagerung Schwarz empfiehlt

Kompletträ­der mit erhöhtem Luftdruck liegend übereinand­er zu lagern. Alternativ böten sich auch sogenannte „Felgenbäum­e“oder Wandhalter­ungen an. „Reifen ohne Felgen müssen senkrecht stehen und sollten alle paar Monate ein wenig gedreht werden, damit sie sich nicht verformen“, sagt der Experte und empfiehlt, sie in trockenen, dunklen und kühlen Räumen zu lagern.

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Foto: chartphoto, stock.adobe.com Mit den richtigen Reifen zu fahren, ist wichtig für die eigene Sicherheit. Wer den Tausch selbst vornimmt, geht ein Risiko ein.

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