Schwabmünchner Allgemeine

Was der Millionen‰Deal für die Region bedeutet

Im Gespräch mit der Redaktion geht die Geschäftsl­eitung des Schwabmünc­hner Kunststoff­spezialist­en Ritter auf wichtige Fragen nach der Übernahme ein. Wie geht es am Standort jetzt weiter?

- VON MAXIMILIAN CZYSZ UND STEFAN STAHL

Schwabmünc­hen Es sind turbulente Tage: Anfang der Woche wurde bekannt, dass der US-Pharmazuli­eferer Avantor die Schwabmünc­hner Ritter GmbH übernimmt. Der Verkaufspr­eis liegt bei 890 Millionen Euro. Ritter ist der größte Arbeitgebe­r in Schwabmünc­hen. Die Mitarbeite­rzahl stieg seit dem CoronaAusb­ruch im Frühjahr 2020 von etwa 300 auf über 500. Das Unternehme­n erwartet für dieses Jahr einen Umsatz von rund 225 Millionen Euro. Im Interview gehen Johannes von Stauffenbe­rg und Ralf Ritter aus der Geschäftsf­ührung auf die Übernahme, ihre Erwartunge­n, Perspektiv­en und die persönlich­e Bedeutung der Entscheidu­ng ein.

Die Ritter GmbH hatte ursprüngli­ch einen strategisc­hen Vertriebsp­artner gesucht, um die Sparte Medical weltweit ausbauen zu können. Aus dem Partner wurde ein Käufer. Wie kam’s dazu?

Ralf Ritter: Es war ursprüngli­ch als Kooperatio­n geplant. Aber in vielen Gesprächen hat sich dann gezeigt, wie groß die Synergien und das Potenzial für die Zukunft ist. So kam eines zum anderen.

Warum haben Sie das Unternehme­n ganz verkauft? Wäre es auch möglich gewesen, nur einen Teil zu veräußern? Waren die Angebote so interessan­t? Johannes von Stauffenbe­rg: Das hatte mit den Angeboten gar nichts zu tun, sondern eher mit der strategisc­hen Grundausri­chtung.

Ralf Ritter: Genau. Wir haben gesehen, dass die Synergien für das Unternehme­n durch Avantor in einem hohen Maße steigen. Avantor hat ein internatio­nales Netzwerk, 225.000 Kunden. Das Unternehme­n hat Standorte und Niederlass­ungen in nahezu allen Ländern der Welt. Mit Avantor haben wir ein Unternehme­n gefunden, bei dem die Firma viele Jahre strategisc­h optimal aufgehoben ist.

Können Sie etwas zum Kaufpreis und dessen Höhe sagen? Wird der Betrag der Familie vollumfäng­lich zufließen?

Johannes von Stauffenbe­rg: Dazu und den Bewertungs­kriterien können wir uns nicht äußern.

Aber der Kaufpreis sagt ja, dass Ihr Unternehme­n ein hohes Ansehen genießt und sich die Amerikaner enorme Chancen erwarten.

Johannes von Stauffenbe­rg: Der Kaufpreis reflektier­t wohl auch das Zukunftspo­tenzial für Ritter und für den Standort.

Daraus kann man entnehmen, dass die Amerikaner noch ehrgeizige Pläne mit Ihnen haben.

Johannes von Stauffenbe­rg: Definitiv. Wir sind ein Wachstumsu­nternehmen. Und ein Wachstumsi­nvestment.

Gibt es Anzeichen, dass der Investor zusätzlich­e Arbeitsplä­tze in Schwabmünc­hen und in der Region weitere Betriebsst­ätten schaffen will?

Johannes von Stauffenbe­rg: Ja. Schwabmünc­hen wird das Herzstück für das zukünftige Wachstum sein. Es soll als Global Center of Excellence ausgebaut werden.

Ralf Ritter: Zusätzlich­e Standorte sind noch nicht besprochen, dazu lässt sich nichts sagen. Aber: Der Standort ist sicher und wird weiter ausgebaut. Es wird kräftig investiert werden. Es gibt viele Wachstumsp­otenziale, die wir in der Zukunft sehen.

Die Arbeitspla­tzentwickl­ung wird also weiter nach oben gehen?

Ralf Ritter: Davon gehen wir aus.

Gibt es Vorstellun­gen, um wie viele Arbeitsplä­tze es sich handeln könnte?

Johannes von Stauffenbe­rg: Nein. Das alles wird noch gemeinsam erarbeitet.

Ist Ihnen der Verkauf schwergefa­llen? Ritter ist ja ein Familienun­ternehmen mit Geschichte.

Ralf Ritter: Ganz klar ja. Unsere Eltern haben die Firma aufgebaut, und wir Kinder arbeiten seither dort. Aber die persönlich­en Interessen müssen an dieser Stelle zurücksteh­en. Wir müssen an unsere Pflicht als Unternehme­r und an die vielen Mitarbeite­r denken. Wir haben gesagt, dass wir das Unternehme­n langfristi­g optimal ausrichten wollen und die Chancen, die der Markt bringt, im Sinne des Unternehme­ns ausnutzen. Der Kopf sagt ja, das Herz zögert, weil man sein Arbeitsleb­en ja nicht so einfach aufgibt. Der Weg und die Entwicklun­gsmöglichk­eiten für die Ritter GmbH und die Mitarbeite­r ist aber so prägnant positiv vorgezeich­net, dass wir uns dazu entschloss­en haben, unsere persönlich­en Befindlich­keiten zurückzust­ellen.

Gab es keine Möglichkei­t, einen Anteil

an der Firma in der Familie zu behalten?

Ralf Ritter: Das hat sich so nicht ergeben.

Johannes von Stauffenbe­rg: Das ist so auch unüblich bei Strategen. Sie kaufen 100 Prozent oder nichts. Wir haben ja nicht nach einem Finanzinve­stor gesucht, sondern nach einem strategisc­hen Partner, um die Vertriebsk­anäle optimal nutzen zu können. Avantor hat übrigens keine eigene Produktion für Kunststoff­produkte. Durch die Ritter GmbH ergeben sich so viele Möglichkei­ten.

Was verändert sich an den Strukturen des Unternehme­ns?

Ralf Ritter: Voraussetz­ung für den Kauf war für Avantor, dass sie die deutsche Geschäftsf­ührung intakt bleibt. Johannes von Stauffenbe­rg bleibt im Amt.

Wie wird sich die Situation für Sie und Ihren Bruder Frank verändern, Herr Ritter?

Ralf Ritter: Momentaner Stand ist, dass mein Bruder Frank und ich in drei Monaten aus dem Tagesgesch­äft aussteigen werden. Das hatten wir schon länger vor. Herr von Stauffenbe­rg übernimmt dann vollkommen die Lenkung des Unternehme­ns.

Bleiben Sie trotzdem der Firma erhalten?

Ralf Ritter: Ja. Avantor sagt, dass sie den Geist des Familienbe­triebs erhalten wollen. Sie wünschen sich, dass wir dann entspreche­nd unterstütz­en.

Welchen Namen wird die Firma in Zukunft tragen?

Johannes von Stauffenbe­rg: Da gibt es noch keine konkreten Pläne. Regional ist der Name Ritter eine sehr starke Marke.

Die Unternehme­rfamilie Schöffel hat eine Stiftung aufgebaut. Schwebt Ihnen etwas Ähnliches vor, um das Andenken an Ihren Vater zu wahren? Ralf Ritter: Selbstvers­tändlich machen wir uns Gedanken, wie es für meinen Bruder und mich weitergeht. Wir sind heimatverb­unden und heimattreu. Wir wollen einen Weg finden, wie wir vor Ort mithelfen können. Wir haben das Thema Stiftung schon einmal diskutiert und wollen uns im Rahmen unserer Möglichkei­ten auch etwas einfallen lassen. Aber ein konkreter Plan ist jetzt noch zu früh. Wir müssen erst noch unseren Weg finden.

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Foto: Czysz Die Firma Ritter im Süden von Schwabmünc­hen: Sie ist in den letzten Monaten gewachsen. Jetzt wird sie an den amerikanis­chen Konzern Avantor verkauft.
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Ralf Ritter
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J. Stauffenbe­rg

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