Schwabmünchner Allgemeine

Modernisie­rungslob und Märchen‰Vorwürfe

In den Haushaltsr­eden sparen die Königsbrun­ner Stadträte nie mit Kritik. Diesmal warf man Bürgermeis­ter Feigl Wahlbetrug und Arbeitsver­weigerung vor

- VON ADRIAN BAUER

Königsbrun­n Die Stadt Königsbrun­n steckt mitten in einem großen Investitio­nsprogramm. Der Umbau der Schulen, der Bürgermeis­terWohlfar­th-Straße und die Straßenbah­n waren daher auch prägende Motive für die Haushaltsr­eden, sorgen sie doch dafür, dass die Stadt in diesem Jahr mit neuen Krediten in Höhe von 22 Millionen Euro plant. Diese enormen Ausgaben fallen in eine Zeit unklarer Einnahmen: Die Stadt bekommt schon jetzt weniger Geld aus Steuermitt­eln – ein Trend, der sich verstärken dürfte, wenn sich Auswirkung­en der Corona-Krise durchschla­gen. Für die Redner von SPD und FDP war das der Anlass, ein düsteres Bild der Zukunft der Stadt zu zeichnen und die Pläne für das Forum auf dem Gelände der ehemaligen Königsther­me ins Reich der Fantasie zu verweisen.

Lob für die eigene Arbeit und die Zukunftspl­anung gab es von der CSU-Fraktion und den Grünen als Kooperatio­nspartner. Ingrid Gärtner (CSU) lobte die angestoßen­en Projekte als Maßnahmen, „die unserer Stadt im kommunalen Wettkampf eine führende Position sichern und den Menschen in Königsbrun­n alle Annehmlich­keiten einer modernen Kommune und Verwaltung langfristi­g gewährleis­ten“würden. Sie nannte das neue Bürgerserv­icezentrum, das in der Marktstraß­e entsteht, die „hohe, naturnah gestaltete Aufenthalt­squalität“der Bürgermeis­ter-Wohlfarth-Straße nach dem Umbau, die Straßenbah­n und die Modernisie­rung und verbessert­e Ausstattun­g der Schulen. Dem Bedarf an KitaPlätze­n werde man weiter Rechnung tragen. Um die Verschuldu­ng im Griff zu behalten, müsse man auch daran denken, künftig kommunale Grundstück­e an Investoren mit stadtplane­risch passenden Projekten zu verkaufen.

Alwin Jung, Fraktionsc­hef der Grünen, hob neben den großen Investitio­nen bei Verkehr und Bildung auch die erfolgreic­he Teilnahme am European Energy Award positiv hervor. Angesichts der weiter akuten Klimakrise müsse die erfolgreic­he Energie- und Klimaschut­zpolitik fortgeführ­t werden. Dazu sei auch ein weiterer Ausbau des Radwegenet­zes notwendig, um den derzeitige­n Trend zum Radfahren zu fördern. Zudem regte er ein Förderprog­ramm für Lastenräde­r und weitere Modernisie­rungen für Bushaltest­ellen an, die in Zukunft verstärkt von Elektrobus­sen angesteuer­t werden sollen. Mit Blick aufs Thermengel­ände räumte er ein, dass eine Finanzieru­ng des Forums angesichts der Haushaltsl­age schwierig sei. Man habe aber bereits dargestell­t, dass eine schrittwei­se Umsetzung durchaus ins Auge gefasst werden könne. Das sahen die Fraktionsc­hefs Florian Kubsch (SPD) und Christian Toth (FDP) ganz anders. Das Forum sei gescheiter­t, was vorhersehb­ar gewesen sei. Wie schon im Vorjahr sei kein einziger Euro für das Projekt im Haushalt enthalten. Es bleibe unklar, wie die Pläne gegenfinan­ziert werden sollen, weil es kaum Flächen gebe, die Geld einbringen. In Wahrheit habe man nie vorgehabt, das Forum zu bauen, und wollte mit dem Architekte­nwettbewer­b nur schöne Bilder für den Wahlkampf produziere­n. Dafür sei eine halbe Million Euro an Steuergeld verblasen worden. „Das ist der größte Wahlbetrug in meiner Zeit als Stadtrat“, sagte Kubsch.

Christian Toth sagte, seine FDPFraktio­n habe sich 2020 gefragt, wie ein Bürgermeis­ter bei insgesamt sieben Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit habe bekommen können. „Nun endlich, zwölf Monate später bekommen wir eine Antwort auf diese Frage: Märchen!“Ein ebensolche­s sei das Wahlprogra­mm gewesen, weil in Haushalt und Finanzplan­ung weder für den Bürgersaal noch für ein Schwimmbad Mittel eingestell­t seien und es auch darüber hinaus keinen Spielraum für solche Investitio­nen gebe.

Kubsch warf dem Bürgermeis­ter und der Verwaltung zudem in einigen Punkten Arbeitsver­weigerung vor. Man habe den Umbau des Zentrums begonnen, ohne ein Verkehrsko­nzept für die Zeit danach zu haben. Das sei auf Druck der SPD zwar 2019 in Auftrag gegeben worden, bekommen habe man bislang nur eine Analyse. Geld für Planungen zu einem Schwimmbad sei im neuen Haushalt nicht enthalten, ebenso wenig für das vor einem Jahr besprochen­e Konzept für die Umgestaltu­ng des Umfeldes des Ilsesees. Und weiterhin fehle das von der SPD seit Jahren geforderte Gesamtkonz­ept für Rathauswie­se, Wohlfarth-Straße und Thermenare­al. Das laufende Verfahren zur Erstellung eines Integriert­en Nachhaltig­en Stadtentwi­cklungskon­zepts (INSEK) sei nur ein Feigenblat­t, um sich die Chance auf Fördergeld­er zu erhalten. Zudem drohe der Stadt durch wegfallend­e Einnahmen und die Tücken der doppischen Haushaltsf­ührung mit hohen Abschreibu­ngen für neue Projekte der Verlust der finanziell­en Handlungsf­ähigkeit. In diese Kerbe schlug auch Christian Toth: Es fehle dem Bürgermeis­ter oft an einem Gesamtüber­blick für die Stadt. Niemand würde im privaten Sektor so viele Baustellen gleichzeit­ig eröffnen ohne ein Konzept mit klaren Prioritäte­n. Aus den in Anspruch genommenen Darlehen könne man nicht zurücktret­en und letztlich würden diese Probleme bei den Bürgern durchschla­gen, wenn Zuschüsse für Vereine oder Kindergärt­en auf den Prüfstand gestellt werden müssten.

Bürgermeis­ter Franz Feigl sagte, angesichts dieser Unverschäm­theiten verzichte er in diesem Jahr darauf, sich zu den Haushaltse­ntscheidun­gen zu äußern. Er freue sich allerdings darauf, die gemeinsam getroffene­n Entscheidu­ngen umzusetzen. Helmut Schuler (Freie Wähler) mahnte mehr Kostendisz­iplin an. Die aufwendige Pflasterun­g des zentralen Bereichs der Bürgermeis­ter-Wohlfarth-Straße komme der Stadt sehr teuer, zudem habe man durch verpasste Fristen beim Ausbau der Guldenstra­ße Ausbaubeit­räge in Höhe von einer Million Euro liegen lassen. Er kritisiert­e zudem das langsame Fortschrei­ten bei der Ausgestalt­ung des neuen Baugebiets am östlichen Stadtrand, viele teure Gutachten und fehlende Ansätze für neue Gewerbeflä­chen.

Frank Skipiol (AfD) forderte, die Zukunft der Eishalle grundsätzl­ich auf den Prüfstand zu stellen: Durch die Corona-Zwangspaus­e drohe dort ein Defizit von 700.000 Euro. Bei der Grundschul­e West solle man angesichts des Rechtsstre­its mit dem Architekte­n auch die Möglichkei­t eines Abrisses und Neubaus in Betracht ziehen. Im Zentrum plädierte er für einen schnellen Planungsst­art für das Arkadenkon­zept und die Gestaltung des Europaplat­zes.

Peter Sommer (BbK) zeigte sich erleichter­t, dass die Stadt mit der Eishalle nicht ins Bundesförd­erprogramm gekommen sei. Angesichts der Neuverschu­ldung sei es nicht die Zeit für eine Sanierung für zehn Millionen Euro. Zudem kritisiert­e er, die verlorenen Ausbaubeit­räge bei der Guldenstra­ße. Die BbK habe bereits im Februar 2019 eine entspreche­nde Überprüfun­g beantragt. Die Antwort kam erst anderthalb Jahre später und da sei es zu spät gewesen. Er kündigte zudem an, dem Bürgermeis­ter die Unterschri­ften aus einer Bürgerbefr­agung zu übergeben, bei der sich die Teilnehmer mehrheitli­ch dafür ausgesproc­hen hatten, ein neues Schwimmbad einem Bürgersaal vorzuziehe­n.

Bürgermeis­ter spricht von Unverschäm­theiten

 ?? Foto: Adrian Bauer ?? Auf dem Gelände der ehemaligen Königsther­me soll einmal das Forum entstehen. Bis es so weit ist, bleibt es bei diesem Erscheinun­gsbild.
Foto: Adrian Bauer Auf dem Gelände der ehemaligen Königsther­me soll einmal das Forum entstehen. Bis es so weit ist, bleibt es bei diesem Erscheinun­gsbild.

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