Die Kölner Hoffnung ruht auf vier Schultern
Friedhelm Funkel und Jonas Hector halten am Rhein den Traum vom Klassenerhalt am Leben
Als Friedhelm Funkel, 67, am 12. April seinen Dienst als Nachfolger von Markus Gisdol beim 1. FC Köln antrat, da war nach dem unglücklichen 2:3 gegen Mit-Abstiegskandidat FSV Mainz die Stimmung am Tiefpunkt angelangt. Nicht einmal 14 Tage später hat der versierte Notretter dem Traditionsklub vom Rhein wieder Mut zurückgegeben. Nach einem 0:3 gegen Leverkusen zum Einstand, gewann Funkel mit seinem Team zu Hause gegen RB Leipzig mit 2:1. Zwar ist man immer noch Tabellenvorletzter, doch jetzt schon mit 26 Zählern punktgleich mit dem 16. Hertha BSC (zwei Spiele weniger). Und das wirklich sichere Ufer ist vor dem Gastspiel am Freitag (20.30 Uhr/
beim FC Augsburg auch nur vier Punkte entfernt.
Der FCA hat als elfter vier Spieltage vor Saisonende zwar noch sieben Zähler Vorsprung, doch Funkel hat durchaus einen Plan, wie er den FCA wieder in den Abstiegsstrudel hineinziehen will: „Augsburg hat eine körperlich robuste Mannschaft, die sehr die Zweikämpfe sucht und ein gutes Umschaltspiel hat. Wenn sie viel Ballbesitz haben, haben sie das eine oder andere Problem. Für uns ist es wichtig, eine gute RestVerteidigung zu haben. Gegen Leipzig haben wir das viel besser gelöst als in Leverkusen. Das müssen wir auch in Augsburg schaffen. Wir
DAZN)
müssen die Augsburger beschäftigen und sehr aufmerksam sein. Wenn wir das hinkriegen, haben wir die Möglichkeit, etwas mitzunehmen.“
Eigentlich hatte der Ex-Bundesliga-Profi die Nase voll vom Abstiegskampf, als ihn Fortuna Düsseldorf vor einem Jahr entlassen hatte. Funkel wollte Skitouren gehen, reisen und Tennisturniere spielen, doch die Pandemie durchkreuzte seine Pläne. Das Rentnerdasein wurde ihm zu Hause in Krefeld schnell langweilig. Als Köln-Manager Horst Heldt anrief, sagt Funkel bei seinem Ex-Klub gleich zu. 2003 hatte er Köln in die Erstklassigkeit zurückgeführt, jetzt soll er den siebten Abstieg der Vereinsgeschichte abwenden.
Der Start in Leverkusen misslang ihm aber nicht nur durch das 0:3. Funkel war in 50 Jahren als Spieler und Trainer immer das Paradebeispiel für Sportsgeist, Kollegialität und Friedfertigkeit. Und jetzt wurde ihm plötzlich, vor allem in den immer noch sozial genannten Medien, Rassismus vorgeworfen, weil er nicht wusste, wie er die schnellen
Bayer-Spieler Moussa Diaby und Leon Bailey nennen sollte, ohne das Adjektiv schwarz zu verwenden.
Bei seinen Personalplanungen hatte Funkel dann während des Leipzig-Spiels ein glücklicheres Händchen. Funkel beorderte Kapitän Jonas Hector nach der Pause aus dem Mittelfeld für Duda in den Sturm – eigentlich, um ihn Verschnaufpausen zu gönnen. Zuvor war er wie ein Duracell-Männchen unterwegs gewesen. Mal hinten in der Abwehr, mal zentral, mal ganz vorn, mal als harter Zweikämpfer, mal als Vordenker. Und dann übernahm er halt auch noch das Toreschießen. Hector traf zum 1:0 und erzielte den 2:1-Siegtreffer. Erstmals gelangen dem 30-Jährigen zwei Treffer in einem Bundesligaspiel.
Hector, die treue Seele, die seit 2012 für Köln spielt, der Anti-Star, steht nun im Mittelpunkt. Und das, nachdem der Saarländer fast die halbe Saison über gar keine Rolle spielte: Erst stoppte ihn ein Schleudertrauma, dann waren es Oberschenkelprobleme, 14 Spiele verpasste er. Nun ist er endlich in Form. „Ich erwarte von ihm jetzt in jedem Spiel zwei Tore, da liegt die Latte hoch“, sagte Funkel, ergänzte dann aber schnell. „Das war Spaß.“Vielleicht nicht ganz. Derzeit liegt die Last des Abstiegskampfes hauptsächlich auf vier Schultern – denen von Funkel und Hector.
Robert Götz