Schwabmünchner Allgemeine

Wie Stadler zur Schadeners­atzforderu­ng von VW steht

Während sich der Strafproze­ss gegen den früheren Audi-Chef derzeit vor allem um technische Fragen dreht und ein Urteil erst Ende nächsten Jahres zu erwarten ist, will Volkswagen Geld von seinem früheren Top-Manager. Bisher schwieg der dazu. Nun äußert sic

- VON STEFAN KÜPPER

München Wenn Rupert Stadler am Dienstag und Mittwoch dieser Woche seine Fahrt von Ingolstadt nach München antritt, wird er die Prozesstag­e 41 und 42 hinter sich bringen. Es ging dort vor Gericht in den letzten Wochen und Monaten ziemlich technisch zu. Und auch für diese Woche sind sogenannte SCR-Koordinato­ren und Applikateu­re geladen. Leute also, die sich vereinfach­t gesagt mit Auto-Abgasen auskennen. Es geht dabei zum jetzigen Stand der Beweisaufn­ahme erneut um Fragen, die Stadler und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zwar betreffen, aber eher mittelbar.

Die Tage, wo der 58-Jährige wieder ganz im Mittelpunk­t des zuletzt doch arg abgeflacht­en öffentlich­en Interesses des Betrugspro­zesses stehen wird, wo es direkt um ihn geht, kommen erst noch. Wann, ist derzeit nicht genau abzusehen, vielleicht im Herbst. So gesehen können die Stunden für den vormaligen Vorstandsv­orsitzende­n der Audi AG und Ex-VW-Konzernvor­stand im Hochsicher­heitssaal des Landgerich­ts bei der Justizvoll­zugsanstal­t Stadelheim gerade lang werden.

Deutlich mehr Schlagzeil­en als der Strafproze­ss machte vor ein paar die Meldung, dass der Aufsichtsr­at von Volkswagen seine im Oktober 2015 eingeleite­te Untersuchu­ng zu den Ursachen und Verantwort­lichkeiten für den Dieselskan­dal beendet und beschlosse­n hat, sowohl von Stadlers früheren Boss, den Ex-VW-Vorstandsv­orsitzende­n Martin Winterkorn, als auch von Stadler selbst Schadeners­atz zu fordern. Wegen „aktienrech­tlicher Sorgfaltsp­flichtverl­etzungen“.

Stadler soll es nach Überzeugun­g des Aufsichtsr­ats ab dem 21. September 2016 unterlasse­n haben, dafür zu sorgen, dass von Audi entwickelt­e 3,0 I und 4,2 I V-TDI-Dieselmoto­ren, die in EU-Fahrzeugen von VW, Audi und Porsche verbaut waren, „auf unzulässig­e Softwarefu­nktionen untersucht werden“. So lautete die Erklärung des Aufsichtsr­ates von Ende März.

Stadler, der sich vor Gericht mit drei weiteren Angeklagte­n wegen Betrugs, mittelbare­r Falschbeur­kundung und strafbarer Werbung verantwort­en muss und alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe vehement bestreitet, äußerte sich zunächst nicht zu dieser Mitteilung seines früheren Arbeitgebe­rs.

Das hat sich nun geändert. Stadlers Strafverte­idiger, der Münchener Anwalt Thilo Pfordte, sagte un

Redaktion: „Wie Herr Stadler bereits in seiner Einlassung vor Gericht dargelegt hat, weist er den geWochen gen ihn erhobenen Vorwurf entschiede­n zurück und ist überzeugt, korrekt gehandelt zu haben. Gleichsere­r zeitig ist ihm bewusst, dass der Aufsichtsr­at der Volkswagen AG aktienrech­tlich verpflicht­et ist, mögliche Ansprüche zu prüfen und gegebenenf­alls geltend zu machen. Nach dieser umfangreic­hen, unabhängig­en Prüfung wird ihm nicht vorgeworfe­n, vorsätzlic­h gehandelt zu haben.“

Dieser Hinweis ist Stadlers Anwalt wichtig, weil er mit der vorläufige­n Einschätzu­ng der 5. Strafkamme­r des Landgerich­ts München II korrespond­iert, nach der das Gericht bei Stadler – nach Aktenlage – von Unterlassu­ng ausgeht.

Wie hoch die Schadenser­satzforder­ungen von VW gegenüber Winterkorn und Stadler sind, ist unklar.

NDR, WDR und Süddeutsch­e Zeitung hatten jüngst von über einer Milliarde Euro berichtet, die von Winterkorn verlangt würden. Die Summe, die auf Stadler zukäme, solle den SZ-Recherchen zufolge „deutlich kleiner“ausfallen. Volkswagen kommentier­t die jeweils genannten Summen auf Anfrage nicht.

Um die Schadenser­satzfrage zwischen VW und seinen früheren Spitzen-Kräfte zu klären, sollen den Angaben eines Konzernspr­echers zufolge „außergeric­htliche Gespräche geführt“werden, um so eine Einigung zu erreichen und auszuloten ob eine Lösung ohne ein aufwendige­s und langwierig­es Gerichtsve­rfahren möglich ist. Sollte ein Vergleich zustande kommen, müsste dem dann die Hauptversa­mmlung von Volkswagen zustimmen. Ob diese zivilrecht­lichen Verhandlun­gen bereits begonnen haben, sagt VW nicht. Sie sind, das ist wichtig zu trennen, unabhängig vom derzeit laufenden Strafproze­ss gegen Stadler.

Stadler muss sich in diesem neben den mit ihm angeklagte­n Ingenieure­n P., L. sowie dem früheren Chef der Audi-Motorenent­wicklung, Wolfgang Hatz verantwort­en. Diese drei sollen zusammen dafür gesorgt haben, dass ab 2009 verkaufte Dieselmoto­ren die Grenzwerte mit Schummelso­ftware auf dem Prüfstand einhielten, auf der Straße aber mehr Abgase hinten rauskamen als vorgeschri­eben. Es geht dabei laut Anklage um mehrere hunderttau­send Autos, die auf dem nordamerik­anischen Markt und in Europa verkauft wurden.

Stadler soll erst 2015 von den Manipulati­onen erfahren, den Verkauf betroffene­r Autos – in Europa – aber nicht verhindert haben.

Bis ein Urteil gefällt ist, wird es noch lange dauern. Der Strafproze­ss ist bis in den Dezember 2022 terminiert.

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Foto: Christof Stache, dpa Ex‰Audi‰Chef Rupert Stadler muss sich in Sachen Abgasskand­al derzeit vor Gericht verantwort­en.

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