Warum manche Produkte so viel teurer werden
Anstieg trifft viele Kunden. Mangel an Material bremst den Aufschwung der Industrie
Augsburg Die Ursachen sind vielfältig, die Folgen für Verbraucher aber immer die gleichen: Vieles wird gerade teurer. Das Verbraucherportal testberichte.de hat Preisentwicklungen verschiedener Produkte von Mai 2019 bis Februar dieses Jahres in mehr als 1000 Kategorien ausgewertet. Das Ergebnis: Es geht teilweise steil nach oben. Die derzeit besonders wichtigen Webcams, die man für Videokonferenzen braucht, sind nahezu doppelt so teuer geworden. Die Kosten für Computer stiegen um rund 78 Prozent.
Weltweit unterschiedlich terminierte Lockdowns, stillstehende Fabrikbänder, gerissene Lieferketten, fehlende Computerchips, der tagelang querstehende Frachter im Suezkanal oder auch ein erheblich verändertes Nachfrageverhalten treiben die Preise. Außerdem ist Geduld gefragt, denn die Lieferzeiten verlängern sich teils um Monate. Ob das ein dauerhaftes Phänomen ist, lässt sich derzeit schwer sagen.
Die Inflationsrate in Deutschland betrug laut Statistischem Bundesamt im April im Vergleich zum Vorjahresmonat nur zwei Prozent. Das ändert aber nichts an Preisspitzen und Knappheit in bestimmten Bereichen. Und es betrifft nicht nur die für das Homeoffice so wichtigen Elektroartikel. Bereits im vergangenen Jahr sind Nahrungsmittel um 2,4 Prozent teurer geworden – Fleisch und Wurst allein um 6,1 Prozent und Obst um 7,1 Prozent. Verbraucher bekommen die Engpässe auch in vielen anderen Bereichen zu spüren. Wer zum Beispiel neue Sommerreifen für das Auto braucht, muss womöglich lange warten. Auch Kühlschränke sollte man lieber im Voraus bestellen.
Ein weiteres, besonders drastisches Beispiel ist Schnittholz. Oder sogenannte Vorprodukte, seien sie aus Gummi oder Kunststoff. 45 Prozent der vom Münchener Ifo-Institut
im April befragten Industriefirmen berichten hier von Engpässen. Ifo-Experte Klaus Wohlrabe warnt im Gespräch mit unserer Redaktion, dass dadurch sogar der starke Aufschwung in der Industrie abgebremst werde. Wann sich die Situation entspannt, ist unklar. „Kurzfristig lässt sich da leider gar nichts tun, auch die Politik ist gewissermaßen machtlos. Sowohl bei der Chipals auch Holzherstellung lässt sich die Produktion nicht einfach so hochfahren. Die Unternehmen werden damit erst mal leben müssen“, erklärt Wohlrabe das Dilemma.
Auch Eva Stüber vom Kölner Institut für Handelsforschung ist mit einer Prognose vorsichtig, sagt aber: „Das Preisgefüge ist nicht dauerhaft aus den Fugen geraten, aber es ist ein klares Umdenken hinsichtlich der Produktionsstandorte zu beobachten. Erste Hersteller haben bereits die Verlegung ihrer Produktion
Auf Baustellen droht ein Dominoeffekt
nach Europa angekündigt, andere möchten zur Risikominimierung unterschiedliche Standorte einbeziehen.“
Ulrich Wagner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben, erklärt, warum auch Privatkunden direkt betroffen sind: „Kann der Zimmerer wegen fehlenden Bauholzes den Dachstuhl nicht aufrichten, kann der Dachdecker nicht eindecken und der Elektriker keine Solaranlage installieren – ein Dominoeffekt mit gravierenden Folgen für alle Beteiligten.“Und die sehen nach Wagners Einschätzung so aus: „Weil Verträge nicht eingehalten werden können, verzögern sich Projekte und die Preise schießen durch die Decke. Private und öffentliche Auftraggeber müssen tiefer in die Tasche greifen.“Wie regionale Firmen Knappheit und Preissteigerungen einschätzen, lesen Sie auf der