Ohne OnlineLaden geht es kaum noch
Für viele Geschäftsinhaber ist das Internet derzeit der wichtigste Kontakt zum Kunden. Corona hat die Digitalisierung auch in diesem Bereich beschleunigt. Eine Augsburgerin hat jetzt prominente Hilfe
Marion Hansult ist eine Geschäftsfrau mit Erfahrung. Trotzdem hat sie vor vier Wochen Neuland betreten und einen Online-Shop eröffnet. Er soll das stationäre Angebot ihres Einrichtungshauses Linea in der Maximilianstraße ergänzen. „Unsere Auftritte in den sozialen Medien kommen bei den Kunden an“, erzählt Hansult, der Online-Shop könne in Zukunft ein weiterer Absatzkanal sein. Doch so einfach ist die Digitalisierung im Handel nicht, findet die Geschäftsfrau: „Ich bin weder Experte in Sachen OnlineShop noch ausgebildete Fotografin. Es ist eine Herausforderung, einen Internet-Auftritt so anzulegen, dass er auch professionell ist.“Deshalb freut sich Hansult nun über prominenten Beistand.
Der Online-Handel wird auch für kleinere Händler immer wichtiger, das zeigen auch Daten der IHK Schwaben. Mehr als 40 Prozent der Augsburger Händler haben demnach einen eigenen Online-Shop, rund drei Viertel der Unternehmen nutzen Social Media, also Plattformen wie Facebook oder Instagram, um ihre Waren zu vermarkten. Eine Strategie, die auch Frank Thelen unterstützt. Der Investor und Digitalexperte – unter anderem bekannt aus dem TV-Format „Die Höhle der Löwen“– hat in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Visa ausgesuchte Einzelhändler in ganz Deutschland auf ihrem Weg in die digitale Welt des Handels begleitet. Linea-Inhaberin Marion Hansult war eine von ihnen. „Wir kommen in eine Welt, die ist hybrid, verbindet also das Digitale mit dem Analogen, auch im Handel. Deshalb sollte jeder Geschäftsinhaber eine OnlinePräsenz haben“, gab Thelen ihr bei einer Beratung auf den Weg. Ob der Fokus nun konkret auf einem Online-Shop liege oder Auftritte in den sozialen Medien erfolgreicher sind, müsse der Händler selbst testen. Das hänge vom Produkt und den Kunden ab.
Die Corona-Pandemie hat das Leben vieler Augsburger Händler auf den Kopf gestellt. Teils wurden Verkäufer und Geschäftsinhaber auf Social-Media-Plattformen selbst zu Models und präsentierten die neuesten Kollektionen. Andere machen per WhatsApp Werbung für Tee und Eltern mit Kindern wird per Video-Konferenz erklärt, welcher Schulranzen im Einzelfall am besten passt. Not mache erfinderisch, kommentierten anfangs viele Betroffene diese neuen Vertriebsformen. Experten sagen, dass die Pandemie und der damit verbundene Lockdown die digitalen Entwicklungen im Handel einfach nur beschleunigt hat.
So sehen das auch Augsburger Akteure: „Was sonst in den nächsten fünf Jahren passiert wäre, ist jetzt eben in einem Jahr geschehen“, sagt beispielsweise Marcus Vorwohlt, Chef des Modehauses Rübsamen. Er hat schon vor einigen Jahren einen eigenen Online-Shop eröffnet, weil Prognosen darauf abzielten, dass der Online-Handel an Bedeutung gewinnen werde. „Wir sind damals teils dafür belächelt worden. Jetzt in der Krise hat uns unsere Weitsicht enorm geholfen“, so Vorwohlt. Mehrere Tausend Bestellungen gehen über ein gutes Wochenende ein.
Dass ein Online-Angebot eine sinnvolle Ergänzung sein kann, hat eben auch Marion Hansult während Corona erfahren. Doch sie hat auch gelernt, dass die Betreuung eines digitalen Angebots gut durchdacht sein muss. Das findet auch IHKHandelsexpertin Franziska Behrenz: Wer in den Online-Verkauf einsteigen wolle, müsse sich im Klaren darüber sein, dass es sich hier um eine neue Filiale handle. „Inklusive Warenwirtschaftssystem, Versand und Retourenabwicklung.“
Das beschäftigt auch Ina Gantenbein von Kokett Dessous. „Wenn ich beispielsweise verschmutzte Retoure erhalte, dann muss ich diese wegschmeißen. Diese Wäsche kann ich im Laden nicht mehr anbieten.“Zuletzt sei auch mal versendete Ware auf dem Weg zum Kunden verschwunden. Das alles müsse man mit bedenken und vor allem kalkulieren, wenn man sich ans Werk macht. Aktuell bringe ihr OnlineShop einen Umsatz von rund 600 Euro pro Monat. Ein Wert, der es kaum rechtfertigt, nach Ende der Pandemie eine Mitarbeiterin abzustellen, die sich um den digitalen Teil des Geschäfts kümmert. Eine solche Betreuung ist aus Sicht vieler Händler aber nötig, um den Kunden auch im Netz ein professionelles Angebot machen zu können.
Dass der Weg in den OnlineHandel Zeit kostet, weiß Marcus Vorwohlt aus Erfahrung. Dass sich der Einsatz lohnt, sieht er aber auch – und zwar am Umsatz. Gut 50 Prozent stammten zuletzt aus dem Handel im Internet. Auch Experte Frank Thelen macht im Coaching mit Marion Hansult klar: „Erst mal loslegen und machen und keine Angst haben.“Mittlerweile gebe es technisch viele Angebote, die es auch kleineren Läden möglich machten, sich zunächst in Eigenregie eine Online-Präsenz aufzubauen und diese schrittweise weiter zu professionalisieren.
Über längere Sicht könnte der zusätzliche Umsatz aus Online-Geschäften auch helfen, Arbeitsplätze zu sichern, so Vorwohlt.