Endliche Weiten
Captain Kirk fliegt ins All. Was neu daran ist? Er tut es wirklich
Tja, Captain Kirk, mal schön den Gürtel enger schnallen. Nix mehr mit unendlichen Weiten, „viele Lichtjahre von der Erde entfernt“, fünf Jahre lang unterwegs mit „seiner 400 Mann starken Besatzung“. Das Jahr 2021 verlangt Kompaktklasse und Kurzstrecke. Das heutige Raumschiff Enterprise heißt „New Shepard“und bietet maximal sechs Personen Platz, die zehn Minütchen schlappe 100 Kilometer oberhalb der texanischen Wüste herumknattern. Da haben Sie das Wort Computerlogbuch noch gar nicht ausgesprochen – zack, Landung!
Ach ja, und noch was ist anders beim neuerlichen Ausflug an diesem
Mittwoch ins All: Er ist real. Nicht James T. Kirk sitzt in der Kapsel, sondern sein jahrzehntelanger Darsteller William Shatner. Der Tourismus-Irrsinn im Weltraum ist ja gerade erst gestartet, Milliardär und Raumschiff-Eigner Jeff Bezos immer für eine Überraschung gut, also darf Shatner im zarten Astronauten-Alter von 90 Jahren an der Sternzeit 81316 schnuppern.
Mit Verlaub: Warum tut sich der Mann das an? Der Kommandant ist zum Fahrgast degradiert. Im Gegensatz zur Enterprise wird die
„New Shepard“komplett vom
Boden aus gesteuert. In dem Schächtelchen gibt es weder Türen, die sich wie von Geisterhand öffnen (wenn doch, hat Shatner ein Problem), noch einen vertrauenswürdigen Schiffsarzt (Ach, „Pille“McCoy!). Wie überhaupt All-Reisende heute nichts mehr zu melden haben – dem nächsten Deutschen auf der Raumstation ISS, Matthias Maurer, haben die Landsleute aus dem Saarland sogar den Sonntagsbraten und die Internet-Follower die Reisemusik ausgesucht. Mensch, Kirk, für die zehn Minuten hätten Sie sich auch beamen lassen können.