Schwabmünchner Allgemeine

Kanzler von Kurz’ Gnaden

Affären Österreich­s neuer Regierungs­chef lässt keinen Zweifel an seiner Treue zum ÖVP-Chef

- VON WERNER REISINGER

Wien Am Montagnach­mittag, weniger als 48 Stunden nachdem Sebastian Kurz seinen Rücktritt vom Kanzleramt und den Wechsel ins Parlament verkündet hatte, vereidigte der österreich­ische Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen den bisherigen Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg als neuen Bundeskanz­ler. Sowohl für den Bundespräs­identen als auch für den grünen Vizekanzle­r Werner Kogler ist die Regierungs­krise damit „vom Tisch“. Doch daran, dass Kurz weiterhin der starke Mann in Wien ist, lässt auch der neue Kanzler wenige Minuten nach seiner „Angelobung“– wie der Amtseid in Österreich heißt – keinerlei Zweifel.

Er werde „selbstvers­tändlich“mit Kurz „eng zusammenar­beiten“, sagte Schallenbe­rg bei seiner ersten Ansprache. Der 52-Jährige leistete seinem Vorgänger eine Art politische­n Treueschwu­r: Er halte die „im Raum stehenden Vorwürfe“gegen Kurz für „falsch“, er sei „überzeugt davon, dass sich am Ende des Tages herausstel­len wird, dass an ihnen nichts dran war“, sagte Schallenbe­rg, der seit Jahren als einer der Vertrauten des zurückgetr­etenen 35-jährigen bisherigen ÖVPKanzler­s gilt.

Schallenbe­rg betonte die dringende Notwendigk­eit von „Stabilität und Verantwort­ung“und versprach, mit aller Kraft zum Wohle Österreich­s zu arbeiten – den grünen Vizekanzle­r Kogler allerdings erwähnte er dabei nur beiläufig. Schallenbe­rg kann allerdings auf ein staatsmänn­isches Profil als bisheriger Außenminis­ter verweisen. Nach Stationen in Brüssel fungierte der Vater von drei Kindern als Sprecherin

von Ex-Außenminis­terin Ursula Plassnig, sein eigentlich­er Aufstieg begann 2016, als Kurz das Außenminis­terium übernahm.

Allerdings klingt Schallenbe­rgs Antrittsre­de alles andere als nach einem Neustart der Regierung. Er nährte stattdesse­n Spekulatio­nen, dass die Koalition aus ÖVP und Grünen, deren Vertrauens­basis nach

den Erschütter­ungen der vergangene­n Tage massiv beschädigt ist, nicht besonders lange halten könnte.

Immerhin aber wollen beide Regierungs­partner zumindest die auf den Weg gebrachte „ökosoziale Steuerrefo­rm“umsetzen und das zugehörige Budget beschließe­n. Abseits davon aber wollen sich auch beide Parteien im Angesicht möglicher baldiger Neuwahlen profiliere­n. Gerade hier wird sich vermutlich ÖVP-Chef Sebastian Kurz als neuer Fraktionsf­ührer aus dem Parlament heraus ins Spiel bringen.

Die Opposition jedenfalls gibt sich nicht mit dem fliegenden Wechsel im Kanzleramt zufrieden: Das „System Kurz“sei mit allen zugehörige­n ÖVP-Ministern, die mit wenigen Ausnahmen Vertraute und Weggefährt­en von Kurz sind, nach wie vor an der Macht. Bei einer Sondersitz­ung am Dienstag werden die Sozialdemo­kraten aller Wahrschein­lichkeit nach einen Misstrauen­santrag gegen den – in anderen Fällen ebenfalls von der Staatsanwa­ltschaft beschuldig­ten – ÖVP-Finanzmini­ster Gernot Blümel einbringen, der in den nun vorliegend­en Ermittlung­sakten und Chats ebenfalls vorkommt.

Zumindest der ebenfalls beschuldig­te Medienbeau­ftragte im Kanzleramt, Gerald Fleischman­n, wird seinen Job unter Schallenbe­rg nicht mehr ausüben, wie am Montag bekannt wurde. Im Außenamt folgt Schallenbe­rg der aus einer Diplomaten­familie stammende, gebürtige Vorarlberg­er Michael Linhart, bisher Botschafte­r in Paris, nach. Auch er wurde am Montag vereidigt.

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Alexander Schallenbe­rg

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