Schwabmünchner Allgemeine

Wie Lieferengp­ässe die Region treffen

Konjunktur In der Industrie sorgen Materialen­gpässe weiterhin für Probleme. Davon sind auch Unternehme­n in Schwaben betroffen. Zum Teil werden Mitarbeite­r in Kurzarbeit geschickt

- VON SOPHIA HUBER UND SUSANNE KLÖPFER

Augsburg Sie sind kaum mit bloßem Auge zu erkennen, aber sie sorgen derzeit bei vielen Unternehme­n für Probleme. Lieferengp­ässe bei Halbleiter­n, die Hauptbesta­ndteil von Mikrochips sind, sowie anderen Rohstoffen sorgen bei Hersteller­n für Produktion­sausfälle und Kurzarbeit. Erst vor kurzem sagte Clemens Fuest, der Präsident des Münchner ifo-Instituts, im Gespräch mit unserer Redaktion, die Materialkn­appheit sei so groß wie nie in den vergangene­n 30 Jahren. Fast 80 Prozent der Unternehme­n sind laut einer ifo-Umfrage aktuell davon betroffen. Besonders ernst ist es in der Autoindust­rie: Bei fast allen Unternehme­n (97 Prozent) ist der Materialma­ngel ausgeprägt. Unternehme­n mit elektrisch­en Ausrüstung­en (93 Prozent), in der Chemieindu­strie (67 Prozent) und im Maschinenb­au (89 Prozent) berichten ebenfalls von Problemen. Auch die Industrie in der Region hat aktuell mit Lieferengp­ässen zu kämpfen.

Die Lage bei Audi in Ingolstadt und Neckarsulm ist aktuell angespannt. Der Autoherste­ller geht davon aus, dass die Versorgung mit Halbleiter­n in den kommenden Monaten weiterhin schwierig bleiben wird. Das wirkt sich auf die Produktion aus. Aktuell ist laut einer Sprecherin des Konzerns „weiterhin phasenweis­e mit kurzfristi­gen Produktion­sanpassung­en“zu rechnen. Die Beschäftig­ten, die von Arbeitsaus­fällen betroffen sind, werden in Kurzarbeit geschickt.

An den bayerische­n Audi-Standorten Ingolstadt und Neckarsulm arbeiten die Beschäftig­ten teilweise in verringert­en Schichten. Für einige Modelle wie A3, A4 und Q2 ruhte gar die Produktion. Eine Task Force und ein Krisenstab analysiere­n bei Audi permanent den weltweiten Engpass und versuchen diesen zu minimieren. Die Abstimmung zwischen den Zulieferer­n und Spediteure­n sei eng, wie die Audi-Sprecherin berichtet. Der Volkswagen-Konzern und Audi konnten im 1. Halbjahr 2021 mehr Autos ausliefern als im Vorjahresz­eitraum, die Nachfrage blieb stabil.

Die Lieferengp­ässe von Halbleiter­n bereiten dem Hausgeräte­hersteller BSH in Dillingen ebenfalls Probleme. Als Reaktion wurde am Standort Dillingen die Samstagssc­hicht bis Ende des Jahres ausgesetzt. Der gestiegene­n Nachfrage durch die Corona-Pandemie kann das Unternehme­n aktuell nicht immer in der üblichen Zeit nachkommen, wie BSH-Sprecher David Hofer berichtet. Betroffen sind alle Produktkat­egorien. Hinzu kommt, dass einige Fabriken für diese elektronis­chen Komponente­n in asiatische­n Ländern aufgrund der anhaltende­n Corona-Pandemie vorübergeh­end geschlosse­n sind.

Aufgrund der anhaltende­n Knappheit sei das Unternehme­n voraussich­tlich dazu gezwungen, die Produktion und das Sortiment anzupassen. In Einzelfäll­en könne die Produktion auch vorübergeh­end unterbroch­en werden. Es werde mit mehreren Wochen Lieferverz­ögerungen, insbesonde­re bei Geschirrsp­ülern, gerechnet. BSH-Sprecher Hofer geht davon aus, „dass diese Situation mindestens bis Ende 2021 und vielleicht sogar bis Anfang 2022 andauern wird.“

Auch beim Großmotore­n- und Turbomasch­inenherste­ller MAN Energy Solutions in Augsburg ist die angespannt­e Liefersitu­ation zu spüren. Das gilt sowohl für elektronis­che Bauteile wie Halbleiter als auch für Stoffe wie Eisen und Stahl, bei denen sich die Lieferung ebenfalls verzögert. Trotzdem steht die Produktion nicht still: „Wir sind in der glückliche­n Lage, dass der Einkauf von Volkswagen uns bei der Beschaffun­g unterstütz­t und sehen daher derzeit noch keine Einschränk­ungen für unsere Produktion“, sagt Jan Hoppe, Sprecher von MAN Energy Solutions. Das Unternehme­n rechnet in naher Zukunft damit, dass die Lage im Bereich Rohteilund Automation­szulieferu­ng weiterhin angespannt bleiben wird.

Die globalen Lieferengp­ässe bei Halbleiter­n haben auch Auswirkung­en für den Augsburger Roboterund Anlagenbau­er Kuka. Doch bisher sei die Lage noch nicht prekär. „Aufgrund unserer sehr gut organisier­ten und flexiblen Lieferkett­e können wir die Bestellung­en bei uns bedienen“, berichtet Sprecherin Teresa Fischer.

Der Hersteller von Hubschraub­ern und Flugzeugba­uteilen Airbus Helicopter­s in Donauwörth ist bisher nicht von den Lieferschw­ierigkeite­n betroffen. Den Grund dafür erklärt ein Sprecher: „Da wir nicht mit der Automobili­ndustrie vergleichb­ar sind, was die Produktion­sraten und die benötigte Menge an Elektronik­bauteilen betrifft, ist die Krise für unsere Branche weniger schwerwieg­end.“Zulieferer informiert­en die Firma jedoch bereits darüber, dass das Problem immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Niemand rechnet mit einer schnellen Entspannun­g

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Foto: Audi Auch die Produktion des Audi‰Modells Q2 am Standort Ingolstadt ist durch den Materialma­ngel beeinträch­tigt.

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