Schwabmünchner Allgemeine

Was tun, wenn das Girokonto nicht mehr kostenlos ist?

Finanzkolu­mne Weil immer mehr Banken Strafzinse­n auf hohe Guthaben erheben, überlegen viele Kundinnen und Kunden, ihr Geld auf mehrere Konten aufzuteile­n. Für wen das wirklich die beste Strategie ist

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Der Mensch ist ein Gewohnheit­stier, insbesonde­re wenn es um seinen Alltag geht. So hat sich über die Jahre in Deutschlan­d die kollektive Erwartungs­haltung etabliert, dass ein Girokonto kostenlos sein muss. Ein Umstand, der sich derzeit rapide ändert. Gerade einmal 14 Banken in Deutschlan­d bieten derzeit noch ein bedingungs­loses, kostenfrei­es Girokonto an. Nur zehn davon sind Filialbank­en. Kostenfrei­heit gibt es zudem nur für Onlinekont­en. Damit trifft ein begrenztes Angebot auf eine sehr hohe Nachfrage. Mit der Folge, dass nicht jeder, der ein kostenfrei­es Konto eröffnen möchte, unbedingt eines bekommt.

Zwar sind direkte Absagen an Kunden noch nicht bekannt geworden. Interessan­t sind aber erste Beschwerde­n darüber, dass der Eröffnungs­prozess wegen beispielsw­eise technische­r Probleme teilweise so lange dauert, dass Kunden irgendwann das Interesse verlieren. Das mag mit dem Ansturm von Neukunden begründbar sein. Auf der anderen Seite können sich diese Banken ihre Kunden aussuchen und sind nicht verpflicht­et, jeden aufzunehme­n. Aber für wen lohnt der Aufwand um ein kostenfrei­es Girokonto überhaupt?

Die Kontoführu­ngskosten für ein Girokonto liegen zwischen 24 bis 120 Euro pro Jahr. Für Kunden mit geringen Einkommen und keinen bis wenig Rücklagen ist dies eine spürbare Belastung und die Kostenfrei­heit relevant. Anders sieht es für jene aus, die hohe Einlagen bei der Bank haben. Für Einlagensp­arer mit Guthaben von 100000 Euro und mehr auf dem Konto ist ein

Verwahrent­gelt der deutlich größere Kostenfakt­or und ein Kontoentge­lt eher verschmerz­bar, wenn sonst die Konditione­n stimmen.

Vergleicht man ein monatliche­s Kontoführu­ngsentgelt von fünf Euro und ein Verwahrent­gelt von 0,5 Prozent ab 100 000 Euro stehen jährlich 60 Euro für die Kontoführu­ng einem Strafzins in Höhe von 500 Euro gegenüber. Das zeigt, dass hier die Vermeidung von Verwahrent­gelten die wirtschaft­lich richtige Strategie wäre. Vor diesich sem Hintergrun­d wäre sogar die Verteilung der Einlagen auf mehreren entgeltpfl­ichtigen Konten rechnerisc­h sinnvoll. Das Verwahrent­gelt kann nur noch durch Gerichte gestoppt werden, die sich derzeit in mehreren Verfahren mit dessen Rechtmäßig­keit befassen.

Sollte dies nicht passieren, ist davon auszugehen, dass künftig keine Bank mehr auf Verwahrent­gelte verzichten wird. Die Folge wäre, dass man seine Einlagen planmäßig verteilen muss. Wer sein Geld nicht am Aktienmark­t investiere­n will, für den wird der Trend zum Zweit-, Dritt- oder gar Viert-Konto vorgezeich­net sein. Die Zeiten, in denen ein kostenfrei­es Girokonto genügte, werden so schnell nicht wiederkomm­en.

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Foto: Fabian Sommer, dpa Leicht und fast überall an Bargeld zu kommen, ist einer der Vorteile eines Girokontos. Doch der Service wird fast überall teurer.
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Sascha Straub ist Fach‰ mann für Finanzfrag­en und Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale Bayern.

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