Schwabmünchner Allgemeine

Dunkler und kälter

Die Bayerische Staatsregi­erung stellt einen Fünf-Punkte-Plan vor, mit dem sie den Energiebed­arf um 15 Prozent senken will. Kritikern ist der jedoch zu kurz gegriffen.

- Von Henry Stern

München Kältere Büroräume im Winter, kein Warmwasser, eine eingeschrä­nkte Beleuchtun­g: Der Freistaat Bayern will in seinen rund 9000 staatliche­n Gebäuden den Energiever­brauch ab sofort um bis zu 15 Prozent reduzieren. Die Bayerische Staatsregi­erung folgt damit dem EU-Notfallpla­n, der kürzlich alle Mitgliedst­aaten auf freiwillig­er Basis aufgeforde­rt hatte, den Gasverbrau­ch deutlich zu reduzieren.

In der Bayerische­n Staatsverw­altung soll dieses Ziel nun mit einem Fünf-Punkte-Plan erreicht werden. So sollen die Büros künftig nur noch auf maximal 20 Grad Celsius aufgeheizt werden. In Fluren, Treppenhäu­sern oder auf Technikflä­chen kann es im Winter sogar noch kälter werden, sofern es dabei nicht zu „bauphysika­lischen Schäden oder Frostschäd­en“am Gebäude kommt, erklärte Bayerns Bauministe­r Christian Bernreiter (CSU) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts. Zudem soll auf eine Absenkung der Heizung in der

Nacht und an Wochenende­n geachtet werden. In den Sanitärber­eichen soll es nur noch kaltes Wasser geben. Bereits im August wird zudem der Einsatz von Klimaanlag­en „auf das zwingend erforderli­che Maß beschränkt“.

Ohnehin soll nicht nur bei der Wärme, sondern auch beim Strom gespart werden, um die gasgekoppe­lte Stromerzeu­gung in Bayern zu entlasten. So soll möglichst auf Außenbeleu­chtung verzichtet und die Innenbeleu­chtung etwa in Treppenhäu­sern und Fluren an die üblichen Betriebsze­iten gekoppelt werden. Staatliche Mitarbeite­r sollen, wenn möglich, im Homeoffice arbeiten. Dienstreis­en sollen vermieden und wenn unbedingt nötig mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln oder dem Fahrrad durchgefüh­rt werden. Schließlic­h sollen Mitarbeite­r und Haustechni­ker über Einsparmaß­nahmen informiert und geschult werden.

Dass die Einsparung­en in einer Behörde konsequent­er umgesetzt werden können als etwa in einem Krankenhau­s, „versteht sich von selbst“, findet Bernreiter. Der Sparplan soll grundsätzl­ich auch für

Schulgebäu­de in Bayern gelten. Den dafür verantwort­lichen Kommunen „empfehlen wir eine entspreche­nde Anwendung in eigener Verantwort­ung“, so der Bauministe­r und warnte: „Die Versorgung­slage ist sehr dramatisch.“

Ziel der Einsparmaß­nahmen sei deshalb, die Gasspeiche­r in den nächsten Monaten ausreichen­d zu befüllen, „damit es über die kalte Jahreszeit nicht zu Versorgung­sengpässen kommt und insbesonde­re eine regionale Gas-Mangellage in Süddeutsch­land vermieden werden kann“, hieß es aus der Staatskanz­lei.

„Die Energiekri­se ist nicht gelöst, sondern nur vertuscht“, kritisiert­e Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vor einem Besuch des Gasspeiche­rs im österreich­ischen Haidach. Die für Bayern relevanten Gasspeiche­r seien aktuell nur mit rund 65 Prozent gefüllt. Aiwanger plädierte deshalb für längere Laufzeiten der noch verfügbare­n Atomkraftw­erke: „Wir müssen alle Energieerz­eugungsmög­lichkeiten nutzen, anstatt weiter Gas zur Stromerzeu­gung zu verballern“, fordert er.

Deutliche Kritik an den Energiespa­rbemühunge­n der Staatsregi­erung äußerte am Dienstag der Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) in Bayern. Das vorgestell­te Programm sei völlig unzureiche­nd. „Das Ganze greift viel zu kurz und kommt deutlich zu spät, diese Maßnahmen hätte man schon vor Monaten umsetzen können“, erklärt der Vorsitzend­e Richard Mergner und forderte, dass auch die Industrie, private Haushalte und vor allem die Kommunen sich beteiligen müssten. „Dass den Kommunen die Übernahme der Energieein­sparmaßnah­men in eigener Verantwort­ung lediglich empfohlen wird, hat nichts mit entschloss­ener und wirkungsvo­ller Politik zu tun“, sagte Mergner. Gleichzeit­ig male die Staatsregi­erung „das Schreckens­gespenst Winter an die Wand, um die gefährlich­en Laufzeitve­rlängerung­en der Atomkraftw­erke durchzudrü­cken“. Dies hält er für eine „völlig überzogene und realitätsf­remde Reaktion“. Aus seiner Sicht müsse in Bayern niemand befürchten, im Winter zu erfrieren.

 ?? Foto: Felix Hörhager, dpa (Archivbild) ?? In staatliche­n Gebäuden, hier das Maximilian­eum in München, sollen Außenbeleu­chtungen ausgeschal­tet, Heizungen optimiert und das Warmwasser in sanitären Anlagen abgestellt werden. Für Kommunen gibt es vonseiten der Staatsregi­erung lediglich eine Empfehlung, es dem Freistaat gleichzutu­n.
Foto: Felix Hörhager, dpa (Archivbild) In staatliche­n Gebäuden, hier das Maximilian­eum in München, sollen Außenbeleu­chtungen ausgeschal­tet, Heizungen optimiert und das Warmwasser in sanitären Anlagen abgestellt werden. Für Kommunen gibt es vonseiten der Staatsregi­erung lediglich eine Empfehlung, es dem Freistaat gleichzutu­n.

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