Wer passt auf die Kinder auf?
Viele Eltern verzweifeln bei der Suche nach einem ganztägigen Betreuungsplatz. Nun rufen auch die Kommunen nach Hilfe.
München Mit Blick auf fehlendes Personal und klamme Kassen sehen die bayerischen Städte und Gemeinden keine Chance, den Anspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern wie vorgesehen zu erfüllen. „Die Kommunen sehen sich nicht in der Lage, den ab Mitte 2026 bestehenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter unter den derzeitigen Rahmenbedingungen umzusetzen“, schrieben die vier kommunalen Spitzenverbände am Dienstag in einem Hilferuf. Es zeichne sich eine „dramatische Unterversorgung in der bayerischen Kindertagesbetreuung“ab. „Die Kommunen benötigen dringend Unterstützung durch den Freistaat Bayern, um die eskalierende Lage in den Griff zu bekommen“, schrieben die Spitzenverbände an die Adresse von Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU).
Der Anfang Juli vorgestellte Fachkräfte-Radar der Bertelsmann Stiftung gehe davon aus, dass im Freistaat bis 2030 im schlimmsten Fall rund 67.000 Fachkräfte für die Betreuung von Kita- und Grundschulkindern fehlen könnten. Eine Umfrage unter den Kommunen habe zudem eine erhebliche Unterfinanzierung bei den Investitionen und stark steigende Betriebskosten zutage gebracht. Die flächendeckende Ganztagsbetreuung im Grundschulalter sei unter diesen Bedingungen illusorisch.
Einer Studie des Deutschen Jugendinstituts zufolge gibt es viel zu wenige Ganztagsangebote im Freistaat. 54 Prozent der Familien hätten dringenden Bedarf – und nicht einmal 40 Prozent einen Platz. Die Studie geht davon aus, dass in Bayern bis 2030 zwischen 108.000 und 136.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden müssten. Um die Situation noch zu retten, schlagen die Spitzenverbände praxisnahe Lösungen vor, die aus spürbaren Erleichterungen bei Vorgaben und finanziellen Zusagen des Freistaats und des Bundes bestehen sollten. Dazu zählten pragmatische Lösungen etwa beim Personaleinsatz, der Anerkennung von Fachkräften oder der Schaffung von Kapazitäten.
Der Fachkräftemangel in der Kinderbetreuung habe für sie höchste Priorität, antwortete Ministerin Scharf auf den Hilferuf. Die Ausbildung sei bereits erleichtert und die Zahl der Beschäftigten in den Kitas in den vergangenen zehn Jahren um rund 73 Prozent gesteigert worden. Zugleich sei auch die Zahl der betreuten Kinder deutlich angestiegen. Deswegen sollten Weiterbildung und Qualifizierung nun einen neuen Schub bekommen. (dpa)