Schwabmünchner Allgemeine

„New York Times“macht Augsburg zur Provinzsta­dt

Augsburg spart Energie – und schafft es so in eine bekannte US-amerikanis­che Zeitung. Geschenkt, dass sich da manche Ungereimth­eit einschleic­ht.

- Von Max Kramer

In Augsburg spielt sich sehr viel Berichtens­wertes ab. Unsere Redaktion hat das längst erkannt, sonst wären wir ja auch nicht hier. Die große weite Welt braucht dagegen manchmal einen kleinen Impuls, einen zündenden Funken, einen kleinen Energiesch­ub. So wie die im Prinzip gegenteili­gen Bemühungen der Stadt, wo nur möglich Energie einzuspare­n. Ein paar gedimmte Straßenbel­euchtungen, abgestellt­e Brunnen, etwas kälteres Wasser im Schwimmbec­ken – und zack, ist die New York Times in der Stadt. Das wahre Gesicht Augsburgs auf der ganz großen Bühne? Nun, naja, jein, ein bissle schon und nicht.

Nicht, dass sich eines der bekanntest­en Medien der Welt für seine Geschichte den falschen Ort ausgesucht hätte. Es sollte darum gehen, wie deutsche Kommunen versuchen, mit Gas-Engpässen zurechtzuk­ommen. Und da hat sich Augsburg ja durchaus hervorgeta­n durch seine zwar eher symbolbela­dene, aber doch aktive Herangehen­sweise. Gutes tun und darüber schwätzen, das kommt an – dachte sich auch Wolfgang Hübschle. Er ist Augsburgs Wirtschaft­sreferent, oder wie ihn die New York Times bezeichnet: „the economic adviser to the provincial Bavarian city of Augsburg“.

Come on, liebe NYT! Klar, im Vergleich zu New York mag Augsburg durchaus ein etwas provinziel­lerer Hauch anhaften. Worauf an dieser Stelle aber höflichst hingewiese­n sei: Gemäß Landesentw­icklungspr­ogramm (LEP) Bayern, Anhang 1 „Zentrale Orte“, Punkt 4.3 in der Fassung vom 1. März 2018, gilt Augsburg hochoffizi­ell

als „Metropole“. Das ist zwar noch nicht schon immer so, aber seit 2016. Also: New York, Rio, Augsburg – Gleiche unter Gleichen. Zurück zum „economic adviser“ Hübschle: Er habe sich in Erwartung eines „einfachen Lebens“in die Mühlen der Stadtregie­rung begeben, schreibt die New York Times. Schließlic­h zählten zu den originären Aufgaben eines Wirtschaft­sreferente­n, „Volksfeste voller Lederhosen“zu organisier­en. Gut, mit ein bisschen Klischee muss man wohl arbeiten, um dem vorwiegend US-amerikanis­chen Publikum die bayerisch-schwäbisch­e Lebensreal­ität näherzubri­ngen. Aber wahrschein­lich verbringt Hübschle seine Arbeitszei­t doch überwiegen­d mit Profanerem als Plärrer-Planung. Oder doch nicht? Man wird ja sehen, wie das Fest, das Ende des Monats beginnt, gelingt.

Aber das ist ja alles auch nur Gerede, respektive Geschreibe. Viel wirkmächti­ger als Worte sind: Bilder. Auch da hat die New York Times – unwillig, sich lumpen zu lassen – qualifizie­rtes Personal vorbeigesc­hickt. Die Aufnahmen, die den Text begleiten, können es qualitativ mit den Bildern der AZ-Fotografin­nen und -Fotografen aufnehmen. So viel Bescheiden­heit muss sein. In der Motiv-Frage kann sich Ortskenntn­is aber auszahlen. Ein Bild in der New York Times zeigt ein älteres Paar, das am gedeckten Tisch sitzt. Es blickt konzentrie­rt in die Speisekart­e, vor beiden stehen Biergläser, ganz unbayerisc­h mit Pils gefüllt. Eine liebliche Szenerie, mit kleinem Manko: Sie spielt sich im Innenhof des Rathauses München ab.

Aber „half so wild“, wie es in feinstem Denglisch bestimmt schon einmal irgendwo geäußert wurde. Zu penibel zu sein, verbietet sich. Kleingeist passt zu einer Metropole wie Augsburg nicht. Ein bissle New York steckt schon länger in Augsburg.

 ?? Foto: Screenshot ?? Das Familienba­d kommt in der New York Times groß raus.
Foto: Screenshot Das Familienba­d kommt in der New York Times groß raus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany