„Natürlich sehen wir einen Mehrwert in dieser Diagnostik“
Bislang ließ die elektronische Anzeige für die schon länger laufenden Tests auf sich warten. Nun kündigt die Chefin des Gesundheitsamtes einen raschen Fortschritt an.
Frau Dr. Rost, warum kann man im Abwasser früh erkennen, wie sich das Coronavirus in der Bevölkerung ausbreitet?
Susanne Rost: Da das Virus bei infizierten Bürgerinnen und Bürgern mit dem Stuhl ausgeschieden wird, kann man es im Abwasser nachweisen. Je mehr Menschen infiziert sind, desto höher wird dort die Viruskonzentration. Man kann das Virus also nachweisen, unabhängig davon, ob die Infizierten sich getestet haben. Selbst dann, wenn die Personen nichts von ihrer Infektion wissen, ist das Virus auffindbar. Für Zeiten, in denen Testungen eine geringere Rolle spielen, ist dies eine elegante Methode, um Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. Dabei erfassen wir nur aufsummierte Werte für einzelne Kommunen und nicht Befunde aus einzelnen Häusern oder Straßenzügen. Man muss übrigens keine Sorge haben, dass das Abwasser infektiös ist. In der Regel werden nur Viren-Bruchstücke nachgewiesen.
Ein zentrales Instrument des Abwassermonitorings soll ein sogenanntes Dashboard sein, das man im Internet aufrufen kann. Was ist das genau?
Susanne Rost: Im Prinzip ist das eine digitale Anzeigetafel, die dem Gesundheitsamt und den Bürgerinnen und Bürgern tagesaktuell die wesentlichen Corona-Daten und die Erkenntnisse aus dem Abwasser-Monitoring anzeigt. Für das Gesundheitsamt werden detaillierte Messergebnisse zur Verfügung stehen, für die Bürgerinnen und Bürger gut verständliche Tendenzen.
Dieses Dashboard lässt nun schon einige Zeit auf sich warten. Woran liegt das?
Susanne Rost: Als Erstes muss man hierfür wissen, dass genau die Entwicklung dieser Anzeige ein
Gegenstand der Forschung ist. Da gibt es eine Reihe von Fragen zu beantworten, unter anderem, was die Datenbereitstellung und -aufbereitung betrifft. Welche Werte sind wichtig, wie vermittelt man sie, dass sie gut verstanden werden und so weiter. Das alles ist verhältnismäßig kompliziert und darum dauert das, aber die Forschenden der TU haben schon sehr große Fortschritte gemacht und das System wird im September bei uns in den Probebetrieb gehen können. In Zukunft sollen auch alle administrativen Abläufe digitalisiert werden, sodass keine Werte mehr händisch übertragen werden müssen. Die zusätzliche Diagnostik birgt damit keine Zusatzbelastung für unsere Mitarbeitenden im Gesundheitsamt. Als Zweites sind wir im Landkreis Augsburg erst später zu diesem Versuch dazugenommen worden als andere Gebietskörperschaften. Der Fokus lag bisher auf dem Landkreis Berchtesgaden. Die dortige Version wurde inzwischen noch überarbeitet, und wir können für unsere Version des Dashboards auf deren Erfahrungen aufbauen, wenn es bei uns installiert wird.
Und so lange dieses Dashboard fehlt, funktioniert Ihr Frühwarnsystem nicht?
Susanne Rost: Nein, das Frühwarnsystem können wir schon jetzt nutzen, nur noch nicht digitalisiert. Wir erhalten im Gesundheitsamt schon seit einem Jahr wöchentlich die Ergebnisse des Abwassermonitorings aus Königsbrunn und inzwischen auch aus Stadtbergen. Anhand dieser Daten können wir schon gut die Entwicklungen ablesen.
Und welche Schlüsse ziehen Sie aus den Ihnen vorliegenden Ergebnissen?
Susanne Rost: Natürlich ziehe ich persönlich meine Rückschlüsse aus den Ergebnissen. Allerdings handelt es sich um das Forschungsprojekt der TU München, weshalb ich diese Rückschlüsse natürlich zum jetzigen Zeitpunkt nicht öffentlich kundtun werde. Schließlich dreht sich die Forschung eben genau darum, welche Schlussfolgerungen aus den Abwasserwerten richtig und wichtig sind. Insofern werde ich hier den Forschenden nicht vorgreifen. Aber natürlich sehen wir einen Mehrwert in dieser zusätzlichen Diagnostik für die Beurteilung der Infektionslage.
Zur Person
Susanne Rost