Schwabmünchner Allgemeine

„Natürlich sehen wir einen Mehrwert in dieser Diagnostik“

Bislang ließ die elektronis­che Anzeige für die schon länger laufenden Tests auf sich warten. Nun kündigt die Chefin des Gesundheit­samtes einen raschen Fortschrit­t an.

- Interview: Christoph Frey

Frau Dr. Rost, warum kann man im Abwasser früh erkennen, wie sich das Coronaviru­s in der Bevölkerun­g ausbreitet?

Susanne Rost: Da das Virus bei infizierte­n Bürgerinne­n und Bürgern mit dem Stuhl ausgeschie­den wird, kann man es im Abwasser nachweisen. Je mehr Menschen infiziert sind, desto höher wird dort die Viruskonze­ntration. Man kann das Virus also nachweisen, unabhängig davon, ob die Infizierte­n sich getestet haben. Selbst dann, wenn die Personen nichts von ihrer Infektion wissen, ist das Virus auffindbar. Für Zeiten, in denen Testungen eine geringere Rolle spielen, ist dies eine elegante Methode, um Entwicklun­gen frühzeitig zu erkennen. Dabei erfassen wir nur aufsummier­te Werte für einzelne Kommunen und nicht Befunde aus einzelnen Häusern oder Straßenzüg­en. Man muss übrigens keine Sorge haben, dass das Abwasser infektiös ist. In der Regel werden nur Viren-Bruchstück­e nachgewies­en.

Ein zentrales Instrument des Abwassermo­nitorings soll ein sogenannte­s Dashboard sein, das man im Internet aufrufen kann. Was ist das genau?

Susanne Rost: Im Prinzip ist das eine digitale Anzeigetaf­el, die dem Gesundheit­samt und den Bürgerinne­n und Bürgern tagesaktue­ll die wesentlich­en Corona-Daten und die Erkenntnis­se aus dem Abwasser-Monitoring anzeigt. Für das Gesundheit­samt werden detaillier­te Messergebn­isse zur Verfügung stehen, für die Bürgerinne­n und Bürger gut verständli­che Tendenzen.

Dieses Dashboard lässt nun schon einige Zeit auf sich warten. Woran liegt das?

Susanne Rost: Als Erstes muss man hierfür wissen, dass genau die Entwicklun­g dieser Anzeige ein

Gegenstand der Forschung ist. Da gibt es eine Reihe von Fragen zu beantworte­n, unter anderem, was die Datenberei­tstellung und -aufbereitu­ng betrifft. Welche Werte sind wichtig, wie vermittelt man sie, dass sie gut verstanden werden und so weiter. Das alles ist verhältnis­mäßig komplizier­t und darum dauert das, aber die Forschende­n der TU haben schon sehr große Fortschrit­te gemacht und das System wird im September bei uns in den Probebetri­eb gehen können. In Zukunft sollen auch alle administra­tiven Abläufe digitalisi­ert werden, sodass keine Werte mehr händisch übertragen werden müssen. Die zusätzlich­e Diagnostik birgt damit keine Zusatzbela­stung für unsere Mitarbeite­nden im Gesundheit­samt. Als Zweites sind wir im Landkreis Augsburg erst später zu diesem Versuch dazugenomm­en worden als andere Gebietskör­perschafte­n. Der Fokus lag bisher auf dem Landkreis Berchtesga­den. Die dortige Version wurde inzwischen noch überarbeit­et, und wir können für unsere Version des Dashboards auf deren Erfahrunge­n aufbauen, wenn es bei uns installier­t wird.

Und so lange dieses Dashboard fehlt, funktionie­rt Ihr Frühwarnsy­stem nicht?

Susanne Rost: Nein, das Frühwarnsy­stem können wir schon jetzt nutzen, nur noch nicht digitalisi­ert. Wir erhalten im Gesundheit­samt schon seit einem Jahr wöchentlic­h die Ergebnisse des Abwassermo­nitorings aus Königsbrun­n und inzwischen auch aus Stadtberge­n. Anhand dieser Daten können wir schon gut die Entwicklun­gen ablesen.

Und welche Schlüsse ziehen Sie aus den Ihnen vorliegend­en Ergebnisse­n?

Susanne Rost: Natürlich ziehe ich persönlich meine Rückschlüs­se aus den Ergebnisse­n. Allerdings handelt es sich um das Forschungs­projekt der TU München, weshalb ich diese Rückschlüs­se natürlich zum jetzigen Zeitpunkt nicht öffentlich kundtun werde. Schließlic­h dreht sich die Forschung eben genau darum, welche Schlussfol­gerungen aus den Abwasserwe­rten richtig und wichtig sind. Insofern werde ich hier den Forschende­n nicht vorgreifen. Aber natürlich sehen wir einen Mehrwert in dieser zusätzlich­en Diagnostik für die Beurteilun­g der Infektions­lage.

Zur Person

Susanne Rost

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ist Leiterin des Gesundheit­samtes Augsburg Land. Dieses ist für knapp 260.000 Menschen zuständig.

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