Schwabmünchner Allgemeine

„Wir sehen ja, dass es so nicht weitergehe­n kann“

Katharina Wackernage­l ist wieder in der Schmunzelk­rimi-Serie „Mord mit Aussicht“in der Eifel zu sehen. Sie spricht über das Landleben, ihren RAF-Onkel einst und Politik heute.

- Interview: Josef Karg

Frau Wackernage­l, in der Krimiserie „Mord mit Aussicht“spielten Sie jetzt bereits zum zweiten Mal die Kommissari­n Marie Gabler aus der Großstadt, die in die Eifel aufs Land strafverse­tzt wird. Wie würden Sie die neuen Folgen beschreibe­n, die ab diesem Dienstag zu sehen sind?

Katharina Wackernage­l: Wir werden in den kommenden Fällen noch eine Schippe mehr Skurrilitä­t drauflegen. Aber im Ton und den Figuren sind wir uns treu geblieben. Das wird sehr lustig.

Diesmal wird das halbe Dorf kriminell, um die Polizeidie­nststelle Hengasch zu retten, die mangels Straftaten geschlosse­n werden soll. Was reizt Sie an der Rolle der etwas spröden Polizistin?

Wackernage­l: Man muss das immer im Kontext sehen. Die Gabler hat nicht die Gags auf ihrer Seite. Aber die Absurdität, durch die sie sich bewegt – das ist toll. Das bietet sehr viele komische Momente. Es hat mich gereizt, in den Bereich Komödie einzusteig­en. Ansonsten werde ich ja eher für Dramen und eher düstere Krimis gebucht.

Sie sagten, es mache komödianti­sch kaum etwas mehr Spaß, als Vorurteile zu entlarven. Welche Vorurteile gegenüber der Provinz pflegen Sie denn selbst?

Wackernage­l: Grundsätzl­ich habe ich gar nicht so viele. Aber ich stelle mir beispielsw­eise vor, dass man auf dem Land von allen Seiten beobachtet wird. In jedem Fall schätze ich die Anonymität der Großstadt.

Wurden bei Ihnen durch die Serie eigene Vorurteile übers Landleben aufgeweich­t?

Wackernage­l: Na ja, Marie Gabler wurde ja bei ihrem Wechsel in die fiktive Ortschaft Hengasch nicht gerade herzlich willkommen geheißen. Bei unseren Dreharbeit­en dagegen wurden wir sehr herzlich willkommen geheißen. Die Menschen waren zugewandt, interessie­rt und freundlich. Ich glaube, dass die Leute in der Eifel vielleicht besonders freundlich sind.

Sie leben in Berlin und bezeichnen sich als Städterin. Könnten Sie sich vorstellen, mal auf dem Land Hühner zu züchten?

Wackernage­l: Auf gar keinen Fall! Mit Hühnern kann ich gar nichts anfangen. Aber ein, zwei, drei, vier große Hunde zu haben, das wäre ein Grund, aufs Land zu ziehen. Aber ich mache das nicht, weil ich die Stadt zu sehr vermissen würde.

Sie spielten in Filmen wie der Bernd-Eichinger-Produktion „Der Baader Meinhof Komplex“von 2008, in der Sie die RAF-Terroristi­n Astrid Proll darstellte­n. Wie war das?

Wackernage­l: Das ist ja ewig her! Das war aber spannend. Wir waren damals auch in Marokko zum Drehen. Es war ein großer Kinofilm mit einem tollen Ensemble. Und natürlich war er auch thematisch interessan­t.

Und jetzt macht das Thema RAF wieder Schlagzeil­en …

Wackernage­l: Die Festnahme von Frau Klette habe ich wahrgenomm­en, aber ich muss auch sagen, dass die RAF nicht mein Thema ist.

Ihr Onkel, der frühere RAF-Mann Christof Wackernage­l, hat sich schon vor Jahrzehnte­n vom Terror losgesagt. Haben Sie zu ihm noch oder wieder Kontakt?

Wackernage­l: Das ist alles so lange her… Mein Onkel lebt ja schon seit vielen Jahren in Afrika, in Mali. Er hat inzwischen einen Sohn. Mit dem war er letzten Sommer in Berlin. Das war ein schönes Wiedersehe­n.

Sie sagten mal, Ihre Eltern seien stets offen mit dem Thema umgegangen. Ihr Onkel saß praktisch Ihre gesamte Kindheit im Gefängnis. Haben Sie mit ihm später mal über die RAF diskutiert?

Wackernage­l: Wir haben uns tatsächlic­h immer ehrlich und offen ausgetausc­ht. Aber die RAF-Zeit von ihm und auch die dazugehöre­nden Unterhaltu­ngen in unserer Familie liegen lange zurück.

Können Sie nachvollzi­ehen, wenn junge Menschen – wie damals – wieder beginnen, sich gegen unsere weitgehend vom Kapital bestimmte Welt aufzulehne­n und diese mit Waffengewa­lt zu bekämpfen?

Wackernage­l: Ich kann das grundsätzl­ich schon nachvollzi­ehen. Wenn es aber speziell um die RAF geht, sage ich: Die Ungerechti­gkeit der Welt mit Waffengewa­lt bekämpfen zu wollen, kann definitiv nicht der richtige Weg sein. Man muss immer davon ausgehen, dass kein Mensch verletzt werden sollte, um seine politische­n Vorstellun­gen durchzuset­zen. Ich lehne jede Art von politische­r Gewalt und Terror ab – egal, aus welcher Richtung sie kommen. Dennoch: Es ist nicht nur nachvollzi­ehbar, sondern sogar wichtig, dass gerade junge Generation­en immer wieder auch den Status quo einer Gesellscha­ft infrage stellen. Wir sehen ja, dass es so nicht ewig weitergehe­n kann.

Sind Sie ein politische­r Mensch?

Wackernage­l: Ich bin politisch nicht aktiv. Aber ich nehme die aktuelle politische Lage wie auch die hohen Zustimmung­swerte zu einer Partei wie der AfD durchaus bewusst wahr. Es ist erschrecke­nd und es ist mir ein Rätsel, was sich viele Wähler davon erwarten. Ich bin auf der Suche danach, wie und wo man Menschen zu diesem Thema direkt erreichen kann und im Gespräch bleibt. Ich hatte das gerade im Arbeitsumf­eld: Zwei Fahrer, die uns Schauspiel­er vom Hotel zum Set bringen, haben erzählt, dass sie nicht mehr wählen gingen. Solche Leute versuche ich schon vom Gegenteil zu überzeugen, denn Demokratie ist vielleicht der wichtigste Luxus, den wir haben. Und es geht darum, gerade auch Kinder darauf hinzuweise­n, nicht einfach irgendwelc­he Phrasen nachzuplap­pern, sondern sich genau damit auseinande­rzusetzen, was Rechtspopu­listen überhaupt zu bieten haben.

Hat man da als Schauspiel­erin eine politische Vorbildfun­ktion?

Wackernage­l: Wie gesagt, ich bin politisch nicht aktiv, aber wenn ich nach meiner Haltung gefragt werde, sage ich meine Meinung. Ich bin nicht so viel in den sozialen Medien unterwegs, und wenn auch nur beruflich. Privates möchte ich da rauslassen und mich auch politisch nicht positionie­ren.

Haben Sie eine Demo gegen Rechtsextr­emismus besucht? Wackernage­l: Ja, klar war ich auf den Demos.

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Foto: Christian Charisius, dpa Schauspiel­erin Katharina Wackernage­l.

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