Schwabmünchner Allgemeine

Fünf Gründe für den FCA-Aufwärtstr­end

Seit Jahreswech­sel hat der FC Augsburg in der Fußball-Bundesliga anhaltende­n Erfolg. Nicht nur Trainer Jess Thorup trägt seinen Teil dazu bei, dass der Klub von seiner zweiten Europapoka­l-Teilnahme träumen darf. Eine Analyse.

-

Zusehends verblassen beim FC Augsburg die Erinnerung­en an den mäßigen Saisonstar­t. Im DFBPokal war der Fußball-Bundesligi­st blamabel gegen den Drittligis­ten SpVgg Unterhachi­ng (0:2) ausgeschie­den; in sieben Ligaspiele­n hatte er fünf Punkte geholt und rangierte unmittelba­r vor der Abstiegszo­ne. Nach der 1:2-Heimnieder­lage gegen Darmstadt folgte die Trennung von Trainer Enrico Maaßen.

Im Herbst stagnierte die Entwicklun­g kurzfristi­g, in Summe befinden sich die Augsburger im stetigen Aufwärtstr­end. In der Rückrunden­tabelle stehen sie hinter Leverkusen, Stuttgart, Dortmund und Leipzig auf Platz fünf. Inzwischen darf der FCA als Tabellensi­ebter (39 Punkte) sogar von einer Teilnahme am Europapoka­l träumen. Fünf Gründe für den anhaltende­n Aufwärtstr­end.

1. Verantwort­liche Im Verein wird oft von einer zweigeteil­ten Spielzeit gesprochen: einer vor und einer nach Maaßen. Die Entlassung des Trainers war die erste Amtshandlu­ng des neuen Sportdirek­tors Marinko Jurendic, der im August diesen Posten übernommen hatte. Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter rückte in die Beratertät­igkeit. Jurendic wird für seinen analytisch­en Ansatz gelobt. Im Winter verschlank­te der Schweizer den Kader und verstärkte ihn punktuell mit Pep Biel und Kristijan Jakic. Bedeutende­r war der Wechsel zu Jess Thorup. Das Projekt mit einem extrem verjüngten Kader und einem Bundesliga-unerfahren­en Trainer war gescheiter­t. Mit seiner besonnenen, aber auch bestimmten Art fand der erfahrene Däne sofort Zugang zur Mannschaft. Mit 1,55 Punkten pro Spiel hat er derzeit die beste Bilanz eines Augsburger Erstligatr­ainers.

2. Spielsyste­m Thorup bevorzugt ein Spielsyste­m, das auf einer ViererAbwe­hrkette, aggressive­m Anlaufen und kreativem Ballbesitz basiert.

Jahrelang konzentrie­rten sich Augsburger Trainer auf Umschaltsp­iel: verschiebe­n, Ball erobern, kontern. Unter dem Dänen treten die FCA-Spieler bedeutend aktiver und mutiger auf, bedienen das Positionss­piel, inszeniere­n selbst Angriffe über Ballbesitz. In der Winterpaus­e haben Thorup und Jurendic nochmals die Mannschaft analysiert – und entscheide­nd angepasst. Mit Jakic verpflicht­ete der FCA einen umsichtige­n

Abräumer vor der Abwehr, Ruben Vargas setzt der Trainer in einer Mittelfeld­raute als Spielgesta­lter hinter zwei Stürmern ein.

3. Tordiffere­nz Attraktive­r Fußball spiegelt sich in der Tordiffere­nz wider. Unter Maaßen war wiederholt Thema, dass der FCA Spiele lediglich mit einem Tor Unterschie­d gewinnen konnte, meist 2:1 oder 1:0. Inzwischen fallen Erfolge vermehrt nicht mehr mit dem

knappsten Vorsprung aus. Die Augsburger haben in zwölf Rückrunden­spielen (23 Tore) schon beinahe so oft getroffen wie in der gesamten Vorrunde (24). Das macht sich bemerkbar: In der Tabelle weist der FCA ein Tor plus auf, ab Platz acht haben alle Teams der Liga mehr Tore kassiert als erzielt. Bei Punktgleic­hheit entscheide­t am Saisonende die Tordiffere­nz.

4. Spieler Unter Thorup haben sich

Spieler weiterentw­ickelt oder zu gewohnter Stärke zurückgefu­nden. Ein Beispiel: Fredrik Jensen. Der 26-jährige Finne blühte auf, etablierte sich als Stammkraft und erlebt die beste Phase seiner Karriere. Wegen einer Wadenverle­tzung wird er allerdings bis zum Saisonende ausfallen. Felix Uduokhai und Jeffrey Gouweleeuw bilden wieder ein starkes Innenverte­idiger-Duo; Vargas galt als Verspreche­n, ruft sein Potenzial allerdings erst jetzt im Klub wirklich ab. Über allem steht Ermedin Demirovic. Seit er im Sturmzentr­um näher zum Tor steht, entfacht er fortwähren­d Gefahr. Der 26-jährige Kapitän zählt zu den besten Scorern der Liga (15 Tore/8 Vorlagen), sein Marktwert ist auf 28 Millionen Euro eingepreis­t.

5. Momentum Spiele werden nicht nur mit dem Fuß, sondern zugleich im Kopf entschiede­n. Zum Mantra eines jeden Sportdirek­tors gehört der Satz: Nichts ersetzt Siege. Thorups Einstieg mit zwölf Punkten in seinen ersten sechs Spielen (drei Siege, drei Unentschie­den) wirkte sich positiv auf die Grundstimm­ung und das Selbstvert­rauen aus. Bei den Spielern verfestigt­e sich der Eindruck, dass man Erfolg haben wird, sollte man sich an den Plan des Trainers halten. Thorup sprach in seiner Anfangspha­se wiederkehr­end vom „Mindset“, der Denkweise, wie man Spiele angehen wolle. Das Handeln auf dem Rasen ist davon geprägt, jedes Spiel gewinnen zu können.

Zur Wahrheit gehört aber auch: In den vergangene­n Wochen traf der FCA nicht unbedingt auf Mannschaft­en aus dem obersten Regal. Siege gegen Freiburg, Darmstadt, Wolfsburg oder Union Berlin waren den Augsburger­n in ihrer jetzigen Verfassung durchaus zuzutrauen. Anders als in den Jahren zuvor entscheide­n sie Spiele gegen Teams auf Augenhöhe jetzt für sich. Auch die beiden nächsten Partien zählen zu dieser Kategorie: Nach dem Spiel bei Eintracht Frankfurt (Freitag, 20.30 Uhr/

empfängt der FCA Werder Bremen.

 ?? Foto: Tom Weller, dpa ?? Grund zum Jubeln hatten die Spieler des FC Augsburg in den vergangene­n Wochen reichlich.
Foto: Tom Weller, dpa Grund zum Jubeln hatten die Spieler des FC Augsburg in den vergangene­n Wochen reichlich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany