Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Diplomat
Kein sowjetischer Funktionär hat sich so viel mit der Bundesrepublik beschäftigt wie
Der Diplomat und Publizist galt über Jahrzehnte als bester Deutschlandkenner des Kremls. Mehrmals hat er die Geschichte der bilateralen Beziehungen mitgeschrieben. Am Sonntag wird Falin 90 Jahre alt.
Für die Ostpolitik unter Bundeskanzler Willy Brandt ( SPD) war er ein wichtiger Ansprechpartner. Mit Egon Bahr ( SPD) handelte Falin 1970 den Moskauer Vertrag aus. 1971 wurde er Botschafter in Bonn. Ab dann kannte das deutsche Fernsehpublikum sein gutes Deutsch und seine sonore Stimme.
Unter den Spitzenfunktionären der KPdSU galt Falin als Liberaler. Die Medien bezeichneten ihn auch als den „ besten Schüler“des damaligen Außenministers Andrej Gromyko: Angeblich unterschrieb dieser viele Dokumente erst, nachdem sie von Falin geprüft wurden. Der erfahrene Diplomat stand auch den Generalsekretären Chruschtschow und Breschnew zur Seite. Er setzte sich für die Reformen unter Parteichef Michail Gorbatschow ein. 1988 wurde Falin leitender Außenpolitiker im Zentralkomitee, er sah das Ende der DDR voraus.
Falin beriet Gorbatschow in den Verhandlungen über die deutsche Einheit. Später aber kritisierte er, Gorbatschow habe zu große Zugeständnisse gemacht. Die Chance darauf, die Konfrontation zwischen der Nato und Russland zu beenden, sei vor 25 Jahren vertan worden, sagte er diesen Januar in einem Interview: „ Wir sind für die Idee eines gemeinsamen europäischen Hauses eingetreten, in dem alle Nationen, alle Staaten gleiche Rechte haben.“
Das Interesse an der deutschen Sprache entwickelte der Bauernsohn, geboren 1926 im damaligen Leningrad, schon als Kind. Im Laufe seiner langen Karriere arbeitete Falin auch als Direktor der staatlichen Nachrichtenagentur Nowosti. Nach dem Zerfall der Sowjetunion lehrte Falin am Institut für Friedensforschung der Universität Hamburg und schrieb mehrere Bücher. ( dpa/ alm)