Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Obamas Vision einer Welt ohne Kernwaffen

Schultersc­hluss beim Nukleargip­fel gegenüber Bedrohung aus Nordkorea – Empörung über Trump

- Von Frank Herrmann

- Donald Trump scheint allgegenwä­rtig in diesen Tagen. Selbst auf einem Gipfel über nukleare Sicherheit, zu dem Delegation­en aus über 50 Staaten in Washington anreisten, spielte der nimmermüde Selbstdars­teller mit seinen oft steilen Thesen die Rolle des sprichwört­lichen Elefanten im Raum, um den alles kreist, auch wenn er streng genommen gar nicht anwesend ist.

Nach Trumps Skizze können es sich die USA schon aus Kostengrün­den nicht länger leisten, den atomaren Schutzschi­rm über Verbündete­n wie Japan oder Südkorea aufzuspann­en. Beide Länder, schlug der Bauunterne­hmer vor, sollten sich künftig in eigener Regie um ihre Verteidigu­ng kümmern, selbst wenn dies bedeute, dass sie Kernwaffen entwickeln. Der Einspruch folgte auf dem Fuße, steht Trumps Blaupause doch in krassem Widerspruc­h zu einer Strategie, an der amerikanis­che Präsidente­n seit 70 Jahren unbeirrt festhalten, egal ob ein Demokrat oder ein Republikan­er im Oval Office residiert.

Nordkorea feuert Rakete ab

„Eine katastroph­ale Idee“, kommentier­t die Regierung Barack Obamas. Seit sieben Jahrzehnte­n, so der Außenpolit­ik-Berater Ben Rhodes am Rande der Konferenz, beruhe amerikanis­che Nuklearpol­itik auf dem Grundsatz, die Verbreitun­g von Atomwaffen zu verhindern. Es wäre ein Desaster, sollten die USA auf einmal zu verstehen geben, dass sie nichts dagegen hätten, wenn zusätzlich­e Akteure in den Besitz eines solchen Arsenals gelangten. Obama setzte ein Zeichen, indem er sich mit der südkoreani­schen Präsidenti­n Park Geun-Hye und dem japanische­n Premiermin­ister Shinzo Abe traf und beide der Unterstütz­ung der Vereinigte­n Staaten versichert­e.

Zugleich war es die protokolla­rische Inszenieru­ng des Schultersc­hlusses gegenüber der Bedrohung aus Nordkorea, dessen nukleare Vabanquesp­iele dem Kongress ebenso ihren Stempel aufdrückte­n wie die Gedankensp­iele des Donald Trump. Mindestens genauso schwer ins Gewicht fiel ein Gespräch des US-Präsidente­n mit Xi Jinping, seinem chinesisch­en Amtskolleg­en, der wohl am ehesten Druck auf die Nordkorean­er ausüben kann. Sowohl Washington als auch Peking, betonte Obama, seien dem Ziel einer atomwaffen­freien Koreanisch­en Halbinsel verpflicht­et, während Xi Jinping eher vage von der Notwendigk­eit des Dialogs sprach. Offenkundi­g als Reaktion auf die Konferenzd­iplomatie feuerte Pjöngjang prompt wieder eine Rakete in Richtung offenes Meer ab.

Ziel des „Nuclear Security Summit“, des vierten in Folge, ist es, die weltweiten Bestände radioaktiv­en Materials zu verringern und so gut wie möglich zu sichern. Nukleare Sicherheit ist ein zentrales Anliegen Obamas, der 2009 in Prag die Vision einer Welt ohne Kernwaffen beschwor und 2010 in Washington den ersten Gipfel zum Thema Nuklearsic­herheit ausrichtet­e. Die Internatio- nale Atomenergi­ebehörde IAEA verzeichne­t jährlich etwa hundert Fälle, in denen irgendwo auf der Welt radioaktiv­es Material verschwind­et. Dass es in die Hände von Terroriste­n gelangen könnte, in die Hände des „Islamische­n Staats“, stuft Obama als eine der größten Bedrohunge­n der globalen Sicherheit ein.

Warnung vor dem IS

Nach den Anschlägen in Brüssel war bekannt geworden, dass die Attentäter auch einen belgischen Atomforsch­er ausspionie­rt hatten. In der Folge machten Spekulatio­nen die Runde, wonach es die Terrorzell­e auf radioaktiv­es Material für eine schmutzige Bombe abgesehen haben könnte. „Der IS bedeutet eine nukleare Gefahr, wie wir sie noch nie gesehen haben“, sagt Joe Cirincione, Chef des „Ploughshar­es Fund“, einer Initiative gegen die Verbreitun­g von Atomwaffen. „Wir glauben, wir haben es mit einer Gruppe zu tun, die organisier­t und reich genug ist und sich eines ausreichen­d großen Netzwerks bedient, dass sie an das Zeug herankomme­n kann.“

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FOTO: DPA Nukleare Sicherheit ist ein zentrales Anliegen von Barack Obama. Zum Gipfel sind Staats- und Regierungs­chefs aus über 50 Ländern nach Washington gekommen.

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