Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Obamas Vision einer Welt ohne Kernwaffen
Schulterschluss beim Nukleargipfel gegenüber Bedrohung aus Nordkorea – Empörung über Trump
- Donald Trump scheint allgegenwärtig in diesen Tagen. Selbst auf einem Gipfel über nukleare Sicherheit, zu dem Delegationen aus über 50 Staaten in Washington anreisten, spielte der nimmermüde Selbstdarsteller mit seinen oft steilen Thesen die Rolle des sprichwörtlichen Elefanten im Raum, um den alles kreist, auch wenn er streng genommen gar nicht anwesend ist.
Nach Trumps Skizze können es sich die USA schon aus Kostengründen nicht länger leisten, den atomaren Schutzschirm über Verbündeten wie Japan oder Südkorea aufzuspannen. Beide Länder, schlug der Bauunternehmer vor, sollten sich künftig in eigener Regie um ihre Verteidigung kümmern, selbst wenn dies bedeute, dass sie Kernwaffen entwickeln. Der Einspruch folgte auf dem Fuße, steht Trumps Blaupause doch in krassem Widerspruch zu einer Strategie, an der amerikanische Präsidenten seit 70 Jahren unbeirrt festhalten, egal ob ein Demokrat oder ein Republikaner im Oval Office residiert.
Nordkorea feuert Rakete ab
„Eine katastrophale Idee“, kommentiert die Regierung Barack Obamas. Seit sieben Jahrzehnten, so der Außenpolitik-Berater Ben Rhodes am Rande der Konferenz, beruhe amerikanische Nuklearpolitik auf dem Grundsatz, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Es wäre ein Desaster, sollten die USA auf einmal zu verstehen geben, dass sie nichts dagegen hätten, wenn zusätzliche Akteure in den Besitz eines solchen Arsenals gelangten. Obama setzte ein Zeichen, indem er sich mit der südkoreanischen Präsidentin Park Geun-Hye und dem japanischen Premierminister Shinzo Abe traf und beide der Unterstützung der Vereinigten Staaten versicherte.
Zugleich war es die protokollarische Inszenierung des Schulterschlusses gegenüber der Bedrohung aus Nordkorea, dessen nukleare Vabanquespiele dem Kongress ebenso ihren Stempel aufdrückten wie die Gedankenspiele des Donald Trump. Mindestens genauso schwer ins Gewicht fiel ein Gespräch des US-Präsidenten mit Xi Jinping, seinem chinesischen Amtskollegen, der wohl am ehesten Druck auf die Nordkoreaner ausüben kann. Sowohl Washington als auch Peking, betonte Obama, seien dem Ziel einer atomwaffenfreien Koreanischen Halbinsel verpflichtet, während Xi Jinping eher vage von der Notwendigkeit des Dialogs sprach. Offenkundig als Reaktion auf die Konferenzdiplomatie feuerte Pjöngjang prompt wieder eine Rakete in Richtung offenes Meer ab.
Ziel des „Nuclear Security Summit“, des vierten in Folge, ist es, die weltweiten Bestände radioaktiven Materials zu verringern und so gut wie möglich zu sichern. Nukleare Sicherheit ist ein zentrales Anliegen Obamas, der 2009 in Prag die Vision einer Welt ohne Kernwaffen beschwor und 2010 in Washington den ersten Gipfel zum Thema Nuklearsicherheit ausrichtete. Die Internatio- nale Atomenergiebehörde IAEA verzeichnet jährlich etwa hundert Fälle, in denen irgendwo auf der Welt radioaktives Material verschwindet. Dass es in die Hände von Terroristen gelangen könnte, in die Hände des „Islamischen Staats“, stuft Obama als eine der größten Bedrohungen der globalen Sicherheit ein.
Warnung vor dem IS
Nach den Anschlägen in Brüssel war bekannt geworden, dass die Attentäter auch einen belgischen Atomforscher ausspioniert hatten. In der Folge machten Spekulationen die Runde, wonach es die Terrorzelle auf radioaktives Material für eine schmutzige Bombe abgesehen haben könnte. „Der IS bedeutet eine nukleare Gefahr, wie wir sie noch nie gesehen haben“, sagt Joe Cirincione, Chef des „Ploughshares Fund“, einer Initiative gegen die Verbreitung von Atomwaffen. „Wir glauben, wir haben es mit einer Gruppe zu tun, die organisiert und reich genug ist und sich eines ausreichend großen Netzwerks bedient, dass sie an das Zeug herankommen kann.“