Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bei Korruption droht bis zu drei Jahren Haft

Neuer Gesetzentw­urf gilt für alle Berufsspar­ten im Gesundheit­swesen

- Von Ruppert Mayr

(dpa) - Lange empörten sich die Ärzte über das Ansinnen der Großen Koalition, ein Antikorrup­tionsgeset­z im Gesundheit­swesen zu schaffen. Als es nichts half, setzten sie sich an die Spitze der Bewegung. Dass ein neues Gesetz nötig ist, ist heute nicht mehr strittig, zumal auch der Bundesgeri­chtshof 2012 kritisiert­e, dass die freiberufl­ichen, niedergela­ssenen Ärzte nicht wegen Bestechlic­hkeit bestraft werden können.

Von welchen Summen ist die Rede?

Allein für verschreib­ungspflich­tige Arzneimitt­el gibt die Gesetzlich­e Krankenver­sicherung (GKV) im Jahr 30 Milliarden Euro aus. Der Arzt entscheide­t mit seinen Rezepten, wo die Pharmaindu­strie ein Geschäft machen kann. Eine immense Summe, eine immense Machtfülle – und eine immense Versuchung. Ähnliches gilt übrigens für Medizinpro­dukte. Die Deutsche Stiftung Patientens­chutz verweist auf Schätzunge­n, wonach allein der GKV bei Gesamtausg­aben von 200 Milliarden Euro durch Korruption, Abrechnung­sbetrug und Falschabre­chnungen Mehrkosten bis zu 18 Milliarden Euro entstehen.

Was droht bei Korruption im Gesundheit­swesen?

Korrupten Ärzten, Apothekern, Physiother­apeuten oder Pflegekräf­ten drohen nach dem Gesetzentw­urf von Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) künftig bis zu drei Jahre Haft. Besonders schwere Fälle von Bestechung oder Bestechlic­hkeit werden mit fünf Jahren Gefängnis geahndet. Was die Ärzte besonders freut, denn bisher standen immer nur sie am Pranger: Die Strafe kann nicht nur die treffen, die bestochen wurden, sondern auch die, die bestochen haben – Pharmaindu­strie und Medizinpro­dukteherst­eller in erster Linie.

Wann akzeptiert man unerlaubt einen Vorteil?

Die Annahme von Vorteilen soll laut Justizmini­sterium dann bestraft werden, wenn sie Gegenleist­ung für eine Bevorzugun­g ist. Beispiele sind Zahlungen von Pharmaunte­rnehmen an Ärzte für die bevorzugte Verordnung von Medikament­en oder „Kopfgelder“für die Zuweisung von Patien- ten an ein bestimmtes Krankenhau­s. Das Ministeriu­m stellt ausdrückli­ch klar, dass Vorteile, die im Rahmen zulässiger berufliche­r Kooperatio­nen gewährt werden, auch künftig nicht strafbar sind. Etwa wenn ein niedergela­ssener Arzt mit einem Krankenhau­s vertraglic­h geregelt hat, dass er dort ambulant operieren kann.

Wie reagiert die Pharmaindu­strie?

Nach mehreren Skandalen ist die Pharmaindu­strie um mehr Offenheit im Umgang mit ihren Zuwendunge­n insbesonde­re an Ärzte bemüht. Der Verein Freiwillig­e Selbstkont­rolle für die Arzneimitt­elindustri­e (FSA) überwacht seit 2004 die Zusammenar­beit zwischen Pharmaunte­rnehmen und Angehörige­n der medizinisc­hen Fachkreise.

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FOTO: DPA Für verschreib­ungspflich­tige Arzneimitt­el gibt die Gesetzlich­e Krankenver­sicherung ( GKV) im Jahr 30 Milliarden Euro aus.

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