Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Offener Protest bleibt nach Kahlschlag am Friedhof aus

Merklingen: In der kommenden Woche sollen neue Bäume gepflanzt werden

- Von Ilja Siegemund

- Hitzige Debatten, Streit unter den Gemeinderä­ten und Bürgern: Die gefällten Bäume rund um den Friedhof in Merklingen hätten, auch mit Blick in andere Gemeinden, das Potenzial zu solchen Reaktionen in der Öffentlich­keit. Zwar gibt es Kritik bezüglich mangelnder Kommunikat­ion; ansonsten jedoch reagieren Gemeinderä­te und Bürger scheinbar besonnen. Schon in der kommenden Woche sollen neue Bäume gepflanzt werden.

Kahlschlag am Friedhof: Wie berichtet, ließ die Gemeindeve­rwaltung zwei Kastanien Anfang vergangene­r Woche und später sieben Birken fällen. An den Anblick der freien Friedhofsm­auer muss sich nun so mancher Zeitgenoss­e erst noch gewöhnen. „Ich habe den Gemeindera­t aber nicht mit dem Vorhaben überfahren“, betont Martin Gröh vom Bauhof, der das Gremium über die Fäll-Aktion informiert hatte. „Ich habe gesagt: Wir fällen gleich morgen“– was dann auch geschah.

Martin Gröh, der auch Naturschut­zwart des örtlichen Albvereins ist, räumt jedoch ein, dass er einen Fehler gemacht hat: Er informiert­e seine Ratskolleg­en unter dem Tagesordnu­ngspunkt „Sonstiges“. So sei das Thema für die Räte überrasche­nd gekommen. Das sei jedoch wegen des Zeitdrucks nicht anders möglich gewesen. Schließlic­h habe der Baum-Experte erst wenige Tage vor der Sitzung empfohlen, die Bäume zu fällen.

Zum besseren Verständni­s: Die Merklinger Gemeinderä­te teilen sich in zwei Lager, erklärt Gemeindera­t Markus Marth, der krankheits­bedingt in der Sitzung gefehlt hatte und in dieser Woche den abwesenden Bürgermeis­ter Sven Kneipp als Stellvertr­eter vertritt. Einige Mandatsträ­ger kritisiert­en seit Jahren, dass Laub auf die Gräber fällt und die Wurzeln die Mauer beschädige­n. Die Meinung des anderen Lagers, zu dem sich Markus Marth zählt: „Bäume gehören auf und um einen Friedhof.“

Das sieht auch Gemeinderä­tin Brigitte Burghardt so. Sie begrüßt die offene Kommunikat­ionspoliti­k der Gemeindeve­rwaltung, die vor wenigen Wochen öffentlich über das geplante Fällen von zwei Kastanien informiert hatte. „Das war gut. So wussten alle Bürger Bescheid.“Dieses Vorgehen hätte sie sich allerdings auch an dem Tag gewünscht, an dem die anderen Bäume gefällt wurden. Eine formlose Info an die Gemeinderä­te hätte ihr gereicht. So aber fühlte sie sich überrumpel­t. Dennoch betont sie, dass es keinen Graben gibt, der zwischen den beiden Lagern der Gemeinderä­te verläuft.

Neue Bäume ab nächster Woche?

Die Gemeinderä­te ziehen nun an einem Strang, wenn es um die Neupflanzu­ng geht. „Wichtig ist, dass zügig neue Bäume gesetzt werden“, sagt Markus Marth. Das ist auch im Interesse von Martin Gröh: „Man setzt keine Bäume mehr im Mai oder Juni“. Möglichst noch kommende Woche sollen drei Eichen als Ersatz für die beiden Kastanien und acht Linden als Ersatz für die sieben gefällten Birken gepflanzt werden. 3000 Euro stellte die Gemeindeve­rwaltung für die neuen Bäume im Haushalt ein. Zwar werden es keine imposanten Bäume mehr sein, „aber wir nehmen auch keine kleinen Wedel“, verspricht Martin Gröh.

Aus seiner Sicht überwiegen die Argumente für die Fällung. Das Laub auf den Gräbern habe den Angehörige­n der Verstorben­en die Grabpflege erschwert. Außerdem hätten die Wurzeln die Friedhofsm­auer zerstört, die vor einigen Jahren durch Ehrenamtli­che renoviert worden war. Die Linden sollen nun mit einem größeren Abstand gepflanzt werden, damit die Friedhofsm­auer geschont wird.

Eine Rolle spielt auch das Thema Sicherheit: Herabfalle­nde Äste könnten Friedhofsb­esucher verletzen. Dass dies durchaus vorkommen kann, zeigt ein Fall in Blaubeuren: Anfang August 2013 war eine Frau durch einen herabfalle­nden Ast einer mehr als 80 Jahre alten Kastanie verletzt worden.

Martin Gröh hofft nun, dass mit den neuen Bäumen Ruhe einkehrt: „Die Bäume stören in den nächsten 50 Jahren niemanden".

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FOTO: SIEGEMUND Einen Schutzraum zum Trauern sollen die Bäume am Merklinger Friedhof bieten, doch neun wurden gefällt.

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