Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Die Leiden der mitteljungen Cora
Mitten im Leben, aber ohne Mann: „Mondscheintarif“erzählt sehr unterhaltsam die Geschichte einer Singlefrau
- Was der „Mondscheintarif“einst war, wissen viele der Zuschauer nicht, die die Premiere von Clarissa Hopfensitz’ gleichnamiger Monolog-Premiere im Theater NeuUlm beklatschten. 1980 wurde der billige Telefon-Nachttarif abgeschafft, den so viele in verschiedenen Städten lebende Liebende nutzten, dass vor den Telefonzellen Schlangen Wartender entstanden und manche Verbindung schon aufgrund der Überlastung mancher Ortsnetze nicht zustande kam. Der poetische Begriff „Mondscheintarif“überlebte, und Ildikó von Kürthy, obwohl 1980 erst zwölf Jahre alt, nutzte ihn für ihren Romanerstling, der 1999 erschien. Die Nördlinger Schauspielerin Clarissa Hopfensitz machte aus dem Romanstoff eine weiblichselbstironische, hoch amüsante Theaterfassung, in der sie selbst auf der Bühne steht.
Nein, eigentlich steht sie nicht: Die meiste Zeit sitzt Cora Hübsch, in deren Identität Hopfensitz schlüpft, in ihrer romantisch rosa ausgestatteten Wohnung. Sie sitzt am Tischchen, in den rosa-weißen plüschigen Pantöffelchen, und wartet, dass ihr plüschig-rosa Telefon klingeln möge. Was es nur selten tut, und wenn, dann hängt am anderen Ende der Leitung Freundin Jo, nicht aber der ersehnte Dr. Daniel Hofmann.
Die Vorgeschichte: Die alleinstehende Mittdreißigerin Cora ist auf Männerfang. Langsam wäre es an der Zeit, findet sie, den Mann fürs Leben kennenzulernen. Journalistin Jo nimmt Cora mit zu einer Filmpreisverleihung, wo Cora bei einer der höchst peinlichen Szenen, die ihr regelmäßig passieren, den Arzt Daniel Hofmann trifft – im wahrsten Wortsinn, nämlich mit einem Hummer. Beim Versuch, sich charmant für den Fauxpas zu entschuldigen, gelingt es ihr, den Mann ihrer Träume in ein Lokal einzuladen. Könnte es sein, dass man quasi füreinander bestimmt ist? Wie kann es anders kommen? Nicht im ersten Anlauf, so doch im zweiten landen beide im Bett. Und Cora macht morgens um vier nach einer heißen Nacht den Fehler ihres Lebens: Cool will sie erscheinen – und verlässt die Wohnung des schlafenden Mannes, hinterlässt nur ein paar flotte Worte, die die Liebesnacht lobend kommentieren, auf einem Blatt Papier.
Der Traummann meldet sich nicht mehr
Dann sitzt Cora in ihrer Wohnung – und wartet auf das, was nicht passiert. Der Traummann, in den sie bis über beide Ohren verliebt ist, meldet sich nicht mehr. Warum, das erfährt Cora erst, als sie in ihrer Verzweiflung nachts den dürren Weihnachtsbaum entsorgen will, der seit Monaten auf ihrem Balkon nadelt.
Dass „Mondscheintarif“als Komödie so heiter daherkommt, dass der Zuschauer sowohl zur Pause als auch am Ende des Stückes ungläubig auf die Uhr schaut, weil die Zeit viel zu schnell verging, liegt vor allem an Clarissa Hopfensitz und ihrer authentisch-selbstkritischen Art, die moderne Frau Cora Hübsch zu verkörpern – weiblich-anlehnungsbedürftig bis zum heimlichen Plüschrausch in der Wohnung, doch meilenweit entfernt davon, sich die Blöße zu geben, einem Mann ihre Wünsche und Sehnsüchte zu gestehen.
Ein gelungener Theaterabend mit großem Unterhaltungsfaktor und einem traumhaften Happy End.