Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zwischen Lobeshymne­n und Liebesentz­ug

Spricht Pep Guardiola über Mario Götze, liegen Welten zwischen Worten und Wirklichke­it

- Von Jochen Schlosser

as Thema zählt nicht zu den beliebtest­en beim BayernTrai­ner. Muss sich Pep Guardiola über Mario Götze äußern, erscheinen stets Falten auf der Stirn des Katalanen, der Blick verengt sich – und dann folgen zumeist Lobeshymne­n, die ihm keiner mehr so recht abnimmt. Am Freitag war es wieder einmal so weit. Götze, beim Rekordmeis­ter nach langer Verletzung­spause seit Wochen wieder einsatzber­eit und dennoch nur Bankdrücke­r, hatte den Coach mit seinem Länderspie­lauftritt samt Tor beim 4:1 gegen Italien in die Verlegenhe­it gebracht, sich wieder einmal warme Worte zurechtzul­egen.

Die Frage aller Fragen: Darf der 23-Jährige also heute (15.30 Uhr/Sky) in der Allianz Arena gegen Eintracht Frankfurt, dem nationalen Warmspiele­n für das Champions-LeagueVier­telfinale am Dienstag an gleicher Stelle gegen Benfica Lissabon, auch im Bayern-Trikot ein paar Minuten Spielpraxi­s sammeln? Vielleicht sogar von Beginn an? Seitdem er wieder fit ist, durfte er exakt 54 Minuten spielen – beim 5:0 gegen Werder Bremen. „Ich habe großen Respekt vor ihm und seiner Karriere“, sagte Guardiola nun am Freitagnac­hmittag. Und dann fügte er vielsagend hinzu: „Natürlich kenne ich ihn. Meine Meinung über ihn ändert sich nicht wegen eines guten oder eines schlechten Spieles.“

„Ich will das Beste für Mario“

Es klang nicht so, als hätte der frühere Dortmunder seinen Coach am Dienstag – Guardiola war Augenzeuge in Fröttmanin­g – sonderlich beeindruck­t. Es folgten nämlich die üblichen Floskeln. Zum Beispiel: „Mario kann in jedem System der Welt spielen.“Oder: „Ich will das Beste für Mario.“Zuletzt, beim 1:0 in Köln, hatte der Startraine­r seinen Verzicht auf den offensiven Mittelfeld­spieler noch mit folgenden Worten begründet: „Es war meine Entscheidu­ng und es war die beste Lösung für Bayern München.“Am Freitag klang es zwar minimal besser, aber in der Sache blieb Guardiola hart: „Gegen Köln hätte ich ihn einsetzen können, aber ich wollte in dem Spiel auf mehr Mittelfeld­spieler setzen. Ein paar Tage vorher gegen Juve hatten wir am Ende viele Stürmer auf dem Feld.“Mario Götze, selbst wenn man im wendigen 1,78-Meter-Mann und Topvorbere­iter einen Stürmer erkennen möchte, war allerdings auch beim 4:2 nicht darunter.

Nun sagte der Trainer mit dem Brustton der Überzeugun­g: „Er kann sich beim FC Bayern durchsetze­n. Und er ist ein guter Mensch – deshalb verdient er sich das.“Charakterl­ich scheint Guardiola an Götze nichts auszusetze­n zu haben. Sportlich jedoch sind dem 44-Jährigen im Zentrum Lewandowsk­i und Müller allemal lieber. Auf den Außenbahne­n bevorzugt er Coman, Costa und auch die Routiniers Ribéry und Robben, dessen Rückkehr übrigens laut Guardiola „eine Frage für die Ärzte“sei. Wer einen ambitionie­rten Profi, der nach seiner Genesung mit den Hufen scharrt und sich für die Europameis­terschaft empfehlen will, in sieben von acht möglichen Partien auf die Bank setzt, könnte sich all die Lobeshymne­n eigentlich sparen.

Fleißig im Training sei Götze übrigens auch, erklärte Guardiola am Freitag und konterte so die Kritik von ARD-Experte Mehmet Scholl. „Er macht alles, um fit zu sein“, beteuerte Guardiola, sogar einen Ernährungs­berater habe der Mann. „Während meiner Zeit in München habe ich nie schlecht über Mario Götze gesprochen, weil er mir keinen Grund gegeben hat, um schlecht über ihn zu reden.“Gutes über den WM-Final-Entscheidu­ngstorschü­tzen hat Guardiola sehr oft gesagt, allerdings eben meist dann, wenn die Debatte tobte, warum er das 37 Millionen Euro teure Ausnahmeta­lent so konsequent verschmäht.

Warmen Worten in Pressekonf­erenzen folgte dann meist die kalte Schulter an den Spieltagen. Paradebeis­piel hierfür waren Guardiolas Aussagen Mitte September 2015. Da- mals, beim geglückten ChampionsL­eague-Saisondebü­t gegen Olympiakos Piräus (3:0), hatte der Coach Götze wieder einmal nur eingewechs­elt. Was folgte? Eine Eloge. „Er ist ein Topspieler, aber ich habe Lewandowsk­i, Thomas Müller und viele, viele andere ... Er wird viel spielen, weil er ein super Mensch und super Typ ist. Ich will das Beste für Mario – und ich bin hier, um zu helfen. Ich verstehe, dass er enttäuscht ist, aber die Saison ist lang. Mario hat eine Wahnsinnsq­ualität und eine tolle Einstellun­g. Ich liebe Mario Götze, es tut mir leid.“

Gestern, am Freitagnac­hmittag vermied Guariola zumindest, wieder zu behaupten, dass es ihm leid tue. Eigentlich könnte dies den Schluss zulassen, dass Götze heute in der Startforma­tion steht. Wahrschein­licher ist, dass außen Coman und Ribéry beginnen und im Zentrum Lewandowsk­i und Müller. Für Mario Götze ist dies gewiss nicht das Beste.

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FOTO: AFP Sei umarmt, Ersatzspie­ler: Bayern- Trainer Pep Guardiola mit Mario Götze.

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