Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Olympische Herausforderung für Spaichinger Mägen
ich einfach beim Griechen hinzusetzen und ein Gyros zu bestellen, das kann ja jeder. Dabei wird es der griechischen Küche überhaupt nicht gerecht, wenn man sie auf geschnetzeltes Schweinefleisch vom Grillspieß reduziert. Darum sollen die Griechen vom Restaurant Olympia in Spaichingen ruhig mal zeigen, was jenseits der Standards noch so in ihnen steckt. Zum Beispiel beim ersten Gang: Eine fürwahr olympische Herausforderung ist der gemischte kalte Vorspeisenteller, den der männliche Kellner – Typ Anthony Quinn im Film Alexis Sorbas – mit einem ironischen Lächeln an den Tisch tänzelt, weil er natürlich um die kolossale Größe der Portion weiß. „Guten Appetit“, wünscht er in einem Deutsch, das durch den griechischen Akzent an den Kanten charmant gebrochen ist. Sein Kollege eilt sogleich mit einem Glas Ouzo an den Tisch und grüßt mit „Jamas!“, was unserem „Prost“in etwa entspricht. Der Service sorgt jedenfalls für rustikale Herzlichkeit, der gepflegte Innenraum ist glücklicherweise nicht mit Statuen oder Säulen überhäuft. Ist auch gar nicht nötig, weil das Radio ununterbrochen griechisches Folklore-Gezirpe in den Gastraum ergießt und daher auch ein Blinder sofort erraten würde, welche Küche hier serviert wird.
Aber zurück zum mächtigen Teller: Der ist nun unglücklicherweise nicht besonders gut geeignet, um die Fähigkeiten der Köche zu beurteilen, denn da ist Einiges offenbar zugekauft. Die dicken Bohnen in Tomatensauce schmecken etwas langweilig, die Paste von Paprika und Schafskäse hat da schon mehr Pep. Oliven und Peperoni stammen aus dem Glas. Sehr brav wirkt auch das Tsatsiki.
Das Taramas – eine rosarote Paste mit Fischrogen als geschmacksgebende Hauptzutat – ist angenehm mild, wenn auch keine kulinarische Sensation. Was den einen Komponenten an Schärfe fehlt, hat der Tintenfischsalat zu viel. Stechend wirkt das Dressing am Gaumen, und die Meeresfrüchte sind von einer zähen Gummiartigkeit. Immerhin: Der Salat ist selbstgemacht, weil er hauptsächlich aus den Enden der Tintenfischtuben besteht. Daraus lässt sich schließen, dass die größeren frittierten Tintenfischringe, die aus den Mittelteilen bestehen und beim Salat fehlen, ebenfalls hausgemacht sind.
Nach diesem etwas wackeligen Einstieg kommt auch schnell schon der Hauptgang in Gestalt einer sehr gelungenen Lammhaxe, auch wieder etwas für Freunde stattlicher Portionen. Sie durfte offenbar lange und sanft im Ofen schmoren. Das mürbe Fleisch fällt förmlich vom Knochen, die tomatisierte Sauce hat die Kraft des intensiven Fleischgeschmacks. Dabei ist das Lamm überhaupt nicht penetrant, sondern sein besonderer Eigengeschmack ist wohl ausgewogen und könnte auch Menschen schmecken, die eigentlich kein Lamm mögen.
In Sachen Dessert sind die Griechen eher sparsam aufgestellt – Joghurt mit Honig und Nüssen, mit diesem Klassiker lässt sich das Menü dennoch ausgezeichnet abschließen. Überraschung: Der Joghurt hat eine dermaßen sahnig-dichte Konsistenz, dass man glauben könnte, die Kühe seien mit weißer Schokolade gefüttert worden. Voller Wucht schmiegt er sich an den Gaumen. Der flüssige Honig und die Walnüsse bieten dazu schöne Kontraste.
Nach dieser insgesamt doch schweren Mahlzeit sehnt sich der Magen naturgemäß nach Neutralisierung. Zum Glück biegt Anthony Quinn gerade mit einem neuen Gläschen Ouzo um die Ecke.