Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Viereckige Munition im Museum Überlingen entdeckt
Reihe von Zufällen bringt nie gesehene Projektile aus dem 16. und 17. Jahrhundert ans Tageslicht
(lsw) - Im Städtischen Museum in Überlingen sind ganz besondere Geschosse entdeckt worden. Auf der Vorderseite haben Sie die Form eines Zylinders, nach hinten werden sie drei- und viereckig. Und genau das ist das Außergewöhnliche: Die eckigen Projektile seien Prototypen aus der Zeit um den Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert, sagt Graubach. „Bislang gab es nur Zeichnungen davon, jetzt haben wir erstmals einen Beleg, dass es sie tatsächlich gegeben hat.“
Dabei gehört die Kiste, in der die Munition aufbewahrt wurde, schon seit Jahrzehnten zum Bestand des Museums. Ein Überlinger Unternehmer hatte sie dem Haus Ende der 1920er-Jahre vermacht. „Darin waren viele Päckchen, ganz akkurat verpackt“, sagt Graubach. Zwar sei auch mal eines geöffnet worden. „Es war aber bekannte Munition darin, deshalb hat man die anderen nicht weiter ausgepackt.“
Doch dann geschieht eine Reihe von Zufällen. Nummer eins: Haupt- kommissar Antonius Rauch sieht 2013 einen Fernsehbeitrag über eine Waffenausstellung in dem Museum. Rauch, der am Kaiserstuhl wohnt, aber das Museum als Kind einmal besucht hatte, wird neugierig und fährt nach Überlingen.
Zufall Nummer zwei: Graubach erzählt Rauch von einer Kiste, in der noch Munition lagert. Der inzwischen pensionierte Hauptkommissar und Waffenexperte bittet darum, sie untersuchen zu dürfen.
Zufall Nummer drei: „Aus einem Buch, das gar nichts mit Waffen zu tun hatte, ist ein alter Bogen rausgefallen“, erzählt Rauch. Auf dem Papier findet sich die komplette Aufstellung der Objekte. „Ich hab einen Schrei losgelassen und gedacht: Wenn es das ist, was ich denke, ist es eine Sensation.“
Er sollte recht behalten: Im Standardwerk zu Handfeuerwaffen stoßen Graubach und er auf Schautafeln, in denen die eckigen Geschosse abgebildet sind. „Bislang gab es aber keine Beweise dafür, dass es die Geschosse auch gibt“, sagt Rauch. „Und ich finde die, habe die zum ersten Mal in der Hand.“
Dreiecksmunition bisher unbekannt
Bernd Kellner von der Regionalgruppe Schwäbisch-Gmünd des Verbands für Waffentechnik und -geschichte fasziniert der Fund. Man habe von solchen Versuchen gewusst. „Aber bis jetzt hat noch nie jemand von uns die Munition dazu gesehen. Es ist verblüffend, dass wir endlich etwas in der Hand halten können, das dem entspricht.“Noch überraschender findet er die dreieckige Munition. „Die wurde nie erwähnt.“
Die Waffenmacher hätten damals mit verschiedenen Geschoss-Formen experimentiert, sagt Graubach. „Sie haben immer versucht, das Laden schneller und das Schießen treffsicherer zu machen.“Die dreieckige Form stamme aus dem 16. Jahrhundert, die viereckige aus dem 17. Jahrhundert. Er glaube nicht, dass die Geschosse wirklich benutzt wurden. „Ich denke, das war nur ein Versuch.“