Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Währungsfonds drängt auf Schuldenerlass für Athen
Vertreter aus IWF, EU-Kommission und EZB überprüfen heute die Umsetzung des dritten Rettungspaketes
(AFP) - Kurz vor der neuen Troika-Mission in Athen hat ein offenbar durchgesickertes Protokoll massive Zweifel des Internationalen Währungsfonds (IWF) an der Griechenland-Rettung aufgezeigt. In der am Samstag von der Enthüllungsplattform Wikileaks ins Netz gestellten Telefonmitschrift überlegen IWFEuropachef Poul Thomson und die Griechenland-Beauftragte Delia Velculescu, wie sie Berlin zum Schuldenverzicht und Athen zu härteren Reformen drängen können. Die griechische Regierung reagiert alarmiert.
Am Montag werden Vertreter der Troika aus IWF, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) in Athen erwartet, um die Umsetzung des im Sommer vereinbarten, 84 Milliarden Euro schweren dritten Rettungspaketes zu überprüfen. Der IWF beteiligt sich bislang nicht an der Finanzierung, weil er an der Schuldentragfähigkeit Athens zweifelt.
In der Telefonkonferenz vom 19. März rekapituliert IWF-Europachef Thomson die Position des Fonds gegenüber Kanzlerin Angela Merkel (CDU): „Wir sagen: ,Sehen Sie, Frau Merkel, Sie stehen vor der Frage ... was teurer ist: Ohne den IWF weitermachen – würde der Bundestag akzeptieren, dass der IWF nicht an Bord ist? Oder die Schuldenerleichterung wählen, von der wir denken, dass Griechenland sie braucht, um uns an Bord zu halten?'“Einen Schuldenerlass hat Berlin abgelehnt. Thomsen beklagt, Athen habe sich bislang nur bei akuter Pleitegefahr im vergangenen Juli auf Sparvorgaben eingelassen. Welches Szenario den beiden genau vorschwebt, um Griechenland in die Knie zu zwingen, bleibt offen. Die Regierung in Athen reagierte am Samstag mit einem Dringlichkeitstreffen. „Die griechische Regierung fordert Erklärungen vom IWF, ob es die offizielle Position des Fonds ist, kurz vor dem britischen Referendum Pleite-Bedingungen in Griechenland zu schaffen“, erklärte Regierungssprecherin Olga Gerovassili.