Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Älteste Stierkampfschule vor dem Aus
In Spanien stehen sich Befürworter und Gegner des Spektakels unversöhnlich gegenüber
(dpa) - Stierkampf ist in Spanien umstritten: für die einen stolze Tradition, für die anderen grausame Tierquälerei. Nun wollen Politiker die bedeutsamste Stierkampfschule in Madrid schließen lassen. Doch es gibt Widerstand.
Während Gleichaltrige zum Fußballtraining gehen, lernen die Schüler der Escuela de Tauromaquia de Madrid (Madrider Stierkampfschule), wie man in der Arena Stiere tötet – und damit die Massen begeistert. Der Jüngste von ihnen ist neun, der älteste gerade mal 18 Jahre alt. Mit gebücktem Rücken, in der Hand ein Hörnerpaar, bewegen sich einige von ihnen unter Stöhn- und Grunzlauten auf schwere rote Tücher zu, die ihre Partner ihnen entgegenhalten. Es ist ein unwirkliches Bild, wenn die Jungen in Jogginghosen anmutige und bedächtige Kreisbewegungen um die Stierattrappen herum vollführen. An den Wänden der Halle hängen Dut- zende vergilbte Poster, Relikte einer alter Zeit. Wie es aussieht, könnte die Schule, die als die älteste und renommierteste in Spanien gilt, bald selbst der Vergangenheit angehören. Sie soll auf Bestreben der linken Stadtregierung unter Führung von Bürgermeisterin Manuela Carmena geschlossen werden.
„Der Stierkampf wird politisiert“, schimpft José Luis Bote, früher ein erfolgreicher Stierkämpfer und jetzt Direktor der Schule. „Der Stierkampf gehört nicht den Politikern, er gehört dem Volk!“Er verweist auf die über 40-jährige Geschichte der Schule.
Doch das Spektakel, Sinnbild spanischen Kulturgutes, trifft auf immer stärkeren Widerstand. Petitionen von Stadtparlamenten, regionale Verbote wie in Katalonien oder auf den Kanaren, negative Berichterstattung – es gibt viel Gegenwind. Die Stierkampf-Lobby reagierte darauf lange Zeit lethargisch. Umso größer war die Überraschung, als Mitte März über 30 000 Menschen in Valencia für die Rechte der Stierkämp- fer demonstrierten. „Freiheit, Freiheit“hallte es durch die Straßen.
Dass Stierkampf heutzutage mit harscher Kritik durch Tierschützer konfrontiert ist, stört den 18-jährigen Carlos Ochoa nicht. Er denkt nach eigenen Angaben „nur an den Stierkampf, schaut sich Videos an und studiert Bewegungen ein. Ochoa hat nur ein Ziel: „Ich möchte mir in der Arena einen Namen machen“. Die geplante Schließung der Schule stimme ihn rebellisch. „Wir werden sie nicht gewinnen lassen. Wir sind viele und vertreten unsere Sache mit Leidenschaft“, sagt er.
„Geißel der Vergangenheit“
Für die Stierkampfschule könnte das Aufbegehren zu spät kommen. Die staatlichen Subventionen für die „Torero-Talentschmiede“, ein Überbleibsel alter Verträge mit der vorigen konservativen Stadtregierung, wurden vor Monaten eingestellt.
Für die Tierschutz-Partei Pacma ist die geplante Schließung der Schule alles andere als ein Grund zur Trauer. „Das ist ein „Schritt in die richtige Richtung“, erklärte die Vorsitzende Silvia Barquero. Sie beschreibt den Stierkampf als „eine Geißel“der Vergangenheit, von der sich die Politik der Gegenwart nicht lossagen will. „Wir geben uns aber optimistisch, dass diese Barbarei in 20 Jahren vollständig aus Spanien verschwunden sein wird“, ergänzt sie. Dabei stützt sie sich auf Umfragen wie die des Institutes Ipsos, wonach 57 Prozent der Erwachsenen zwischen 16 und 65 dem Stierkampf gegenüber negativ eingestellt sind.
Während die linke Stadtregierung gegen den Stierkampf vorgehen will, kommt Unterstützung von der konservativen Regionalregierung. „Wir werden nicht zulassen, dass man Professoren und Schüler auf die Straße setzt“, kündigte Regionalpräsidentin Cristina Cifuentes an. Direktor Bote, von seinen Schülern „Meister“genannt, gibt sich kämpferisch: „Wir werden diese Schule besetzen. Wenn sie uns rausjagen wollen, müssen sie schon die Polizei rufen.“