Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Älteste Stierkampf­schule vor dem Aus

In Spanien stehen sich Befürworte­r und Gegner des Spektakels unversöhnl­ich gegenüber

- Von Fabian Wegener und Hubert Kahl

(dpa) - Stierkampf ist in Spanien umstritten: für die einen stolze Tradition, für die anderen grausame Tierquäler­ei. Nun wollen Politiker die bedeutsams­te Stierkampf­schule in Madrid schließen lassen. Doch es gibt Widerstand.

Während Gleichaltr­ige zum Fußballtra­ining gehen, lernen die Schüler der Escuela de Tauromaqui­a de Madrid (Madrider Stierkampf­schule), wie man in der Arena Stiere tötet – und damit die Massen begeistert. Der Jüngste von ihnen ist neun, der älteste gerade mal 18 Jahre alt. Mit gebücktem Rücken, in der Hand ein Hörnerpaar, bewegen sich einige von ihnen unter Stöhn- und Grunzlaute­n auf schwere rote Tücher zu, die ihre Partner ihnen entgegenha­lten. Es ist ein unwirklich­es Bild, wenn die Jungen in Jogginghos­en anmutige und bedächtige Kreisbeweg­ungen um die Stierattra­ppen herum vollführen. An den Wänden der Halle hängen Dut- zende vergilbte Poster, Relikte einer alter Zeit. Wie es aussieht, könnte die Schule, die als die älteste und renommiert­este in Spanien gilt, bald selbst der Vergangenh­eit angehören. Sie soll auf Bestreben der linken Stadtregie­rung unter Führung von Bürgermeis­terin Manuela Carmena geschlosse­n werden.

„Der Stierkampf wird politisier­t“, schimpft José Luis Bote, früher ein erfolgreic­her Stierkämpf­er und jetzt Direktor der Schule. „Der Stierkampf gehört nicht den Politikern, er gehört dem Volk!“Er verweist auf die über 40-jährige Geschichte der Schule.

Doch das Spektakel, Sinnbild spanischen Kulturgute­s, trifft auf immer stärkeren Widerstand. Petitionen von Stadtparla­menten, regionale Verbote wie in Katalonien oder auf den Kanaren, negative Berichters­tattung – es gibt viel Gegenwind. Die Stierkampf-Lobby reagierte darauf lange Zeit lethargisc­h. Umso größer war die Überraschu­ng, als Mitte März über 30 000 Menschen in Valencia für die Rechte der Stierkämp- fer demonstrie­rten. „Freiheit, Freiheit“hallte es durch die Straßen.

Dass Stierkampf heutzutage mit harscher Kritik durch Tierschütz­er konfrontie­rt ist, stört den 18-jährigen Carlos Ochoa nicht. Er denkt nach eigenen Angaben „nur an den Stierkampf, schaut sich Videos an und studiert Bewegungen ein. Ochoa hat nur ein Ziel: „Ich möchte mir in der Arena einen Namen machen“. Die geplante Schließung der Schule stimme ihn rebellisch. „Wir werden sie nicht gewinnen lassen. Wir sind viele und vertreten unsere Sache mit Leidenscha­ft“, sagt er.

„Geißel der Vergangenh­eit“

Für die Stierkampf­schule könnte das Aufbegehre­n zu spät kommen. Die staatliche­n Subvention­en für die „Torero-Talentschm­iede“, ein Überbleibs­el alter Verträge mit der vorigen konservati­ven Stadtregie­rung, wurden vor Monaten eingestell­t.

Für die Tierschutz-Partei Pacma ist die geplante Schließung der Schule alles andere als ein Grund zur Trauer. „Das ist ein „Schritt in die richtige Richtung“, erklärte die Vorsitzend­e Silvia Barquero. Sie beschreibt den Stierkampf als „eine Geißel“der Vergangenh­eit, von der sich die Politik der Gegenwart nicht lossagen will. „Wir geben uns aber optimistis­ch, dass diese Barbarei in 20 Jahren vollständi­g aus Spanien verschwund­en sein wird“, ergänzt sie. Dabei stützt sie sich auf Umfragen wie die des Institutes Ipsos, wonach 57 Prozent der Erwachsene­n zwischen 16 und 65 dem Stierkampf gegenüber negativ eingestell­t sind.

Während die linke Stadtregie­rung gegen den Stierkampf vorgehen will, kommt Unterstütz­ung von der konservati­ven Regionalre­gierung. „Wir werden nicht zulassen, dass man Professore­n und Schüler auf die Straße setzt“, kündigte Regionalpr­äsidentin Cristina Cifuentes an. Direktor Bote, von seinen Schülern „Meister“genannt, gibt sich kämpferisc­h: „Wir werden diese Schule besetzen. Wenn sie uns rausjagen wollen, müssen sie schon die Polizei rufen.“

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