Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Das Schweigen hat ein Ende
Mitten in Deutschland: NSU – Die Opfer: Vergesst mich nicht (Mo., ARD, 20.15 Uhr) -
Es war höchste Zeit. Bereits mehrere Filme haben sich mit den NSU-Tätern beschäftigt, die zwischen 2000 und 2006 zehn Menschen umgebracht haben. Wie auch der erste Teil der „Mitten in Deutschland“Trilogie, die am vergangenen Mittwoch zu sehen war, kranken diese Filme daran, dass sie auf Vermutungen basieren: Die beiden Mörder haben sich 2011 umgebracht, Beate Zschäpe, ihre mutmaßliche Komplizin, schweigt sich vor Gericht aus.
Geschwiegen haben die Familien der NSU- Mordopfer auch lange. Dass sie nun eine Stimme bekommen, ist Semiya Simsek zu verdanken. Sie ist die Tochter des ersten Mordopfers und hat die traumatischen Jahre nach dem Tod ihres Vaters in dem Buch „Schmerzliche Heimat“beschrieben. Es gab und gibt wahrscheinlich keinen geeigneteren als den türkischstämmigen Züli Aladag, den geübten „Tatort“-Regisseur, um dieses Buch zu verfilmen. Aladag hat alles richtig gemacht. Behutsam führt er ein in das Leben türkischer Familien in Deutschland. Er kennt die Selbstverständlichkeit, mit der sich junge Türken zwischen beiden Kulturen bewegen. Wie diese Selbstverständlichkeit erschüttert wird durch den Mord, aber auch durch die skandalösen Ermittlungsmethoden der Polizei – das zeigt Aladag, zurückhaltend im Ton und ganz ohne „Tatort“-Allüren. Ein Film, der nachwirkt.