Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Helfen durch Vorbild und Ermutigung
160 Freundeskreisler blicken bei der Mitgliederversammlung in die Zukunft
(sz) - Alkohol – ein harmloses Wort mit gefährlicher Wirkung, die Leben zerstören kann. Kürzlich haben sich die Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, deren Landesverband seinen Sitz in Laichingen hat, in der Daniel-Schwenkmezger-Halle getroffen.
Wer kennt das nicht: Man will mutig sein, getroffene Vorsätze einhalten, Rückgrat zeigen und sich zur Wahrheit bekennen. Aber dann geht es doch irgendwie nicht. Im Normalfall sorgt ein solches Verhalten für ein schlechtes Gefühl. Wenn eine alkoholkranke Person noch am Beginn ihres Veränderungs- und Reha-Prozesses steht, wenn sie ihre abstinente Lebensweise noch nicht gefestigt hat, kann es im schlimmsten Fall zu einem Rückfall mit furchtbaren Folgen führen. Schön, wenn es dann Menschen gibt, die trotzdem zu einem stehen: Ohne Wenn und ohne Aber. Menschen, welche die Tiefen des Lebens selbst durchschritten haben und die durch Tränen und Leid hindurch begleiten können. Die da sind und ihr Gegenüber nicht auf die Fehler der Vergangenheit festlegen. Menschen, die bei einem Neuanfang helfen.
„In den Freundeskreisen dürfen Betroffene nach dem Fallen neu anfangen. Wir ermutigen beim Aufstehen und geben den gemeinsamen Kampf um Stabilität nicht auf“, sagte Rainer Breuninger, Geschäftsführer der Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, Landesverband Württemberg bei der Mitgliederversammlung vor etwa 160 Teilnehmern aus ganz Württemberg.
Vorsitzende Hildegard Arnold bemerkte in ihrer Ansprache, die örtlichen Selbsthilfegruppen seien das Fundament für den Landesverband. Auf diesem Fundament baue alles auf. Freundeskreisarbeit bedeute sehr viel Aktion, deren Ergebnis jedoch oft nicht umgehend sichtbar werde. Freundeskreisarbeit bedeute offene Fragen mit zunächst keinen Antworten, sie bedeute Treue zu den Wurzeln und dem Auftrag. „Tief drinnen ist alles, was uns
„Seltsam – ein Haufen in die Jahre gekommener Alkoholiker meistert manche Aufgabe spielender als so manche Gruppe aufgedrehter,
halbstarker Jugendlicher.“
ausmacht, ist alles verwirbelt und aufgemischt. Tief drinnen ist alles Risiko, kann alles zerbrechen. Tief drinnen sind aber auch Reichtum und aller Wert zu finden. Doch manchmal ist es ganz schön schwierig, dahin durchzudringen.“
Das Leben sei nicht zu bewältigen, wenn man nur von weitem zusehen wolle wie vom Fernsehsessel aus, meinte Breuninger in seinem Geschäftsbericht. Die eigenen Grenzen erkennen und den Mut, diese Grenzen mit Unterstützung anderer in Angriff zu nehmen, lernten Betroffene auch im Rahmen der Mitarbeiterschulungen, die der Landesverband anbietet. Bei einem Outdoorseminar bemerkte Bergführer Martin B. erstaunt: „Seltsam – ein Haufen in die Jahre gekommener Alkoholiker meistert manche Aufgabe spielender als so manche Gruppe aufgedrehter, halbstarker Jugendlicher.“