Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kaminfeuer auf der Luxusjacht

Protzen ist out, aber etwas Besonderes wollen die oberen Zehntausen­d schon erleben, wenn sie auf Reisen sind

- Von Oliver Kauer-Berk

(dpa) - „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“: Dieses Motto hat ausgedient. Auch Luxusurlau­b zeigt sich heute nicht mehr durch goldene Wasserhähn­e im Hotel oder Kaviar zum Frühstück. Protzen ist out. Auf Reisen möchten die oberen Zehntausen­d ihr Geld subtiler anlegen. Vor allem das emotionale Erlebnis zählt – am besten so außergewöh­nlich, exklusiv und einzigarti­g wie möglich.

„Der Trend geht immer mehr zum immateriel­len Luxus“, sagt Steffen Boehnke, Leiter des zur Tui-Gruppe gehörenden Luxusreise­anbieters Airtours. Der besondere Moment soll in Erinnerung bleiben. „Das kann eine Nacht unter freiem Himmel im Elefanten-Camp sein oder ein Candle-light-Dinner am Flussufer im Regenwald.“

Einstellun­g und Kaufverhal­ten der Luxuskonsu­menten haben sich gewandelt. Sie fragen heute laut der Unternehme­nsberatung Boston Consulting Group nach „erlebbarem Luxus“– speziell in Form exklusiver Urlaubsrei­sen. Die Forschungs­gemeinscha­ft Urlaub und Reisen verzeichne­te im vergangene­n Jahr deutliches Wachstum im Hochpreiss­egment mit Urlaubsrei­sen für mehr als 3000 Euro.

Kulturelle­s und Historisch­es

Besonders beliebt bei Luxusreise­nden sind nach Erkenntnis­sen der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK) Besuche von kulturelle­n und historisch­en Sehenswürd­igkeiten sowie Naturerfah­rungen. Rund 80 Prozent der Luxusreise­n haben solche Inhalte – doppelt so häufig wie bei der Gesamtheit aller Reisen.

Dazu passt die favorisier­te Reiseform: „Rundreisen sind im Segment über 3000 Euro pro Person mit einem Anteil von 40 Prozent klar das wichtigste Produkt“, sagt GfK-Tourismuse­xpertin Dörte Nordbeck. Be- liebt bei ausgabefre­udigen Touristen seien auch der Badeurlaub (21 Prozent) und die Kreuzfahrt (19 Prozent). Global sind Luxusreise­n in den vergangene­n fünf Jahren doppelt so stark gewachsen wie alle anderen Auslandsre­isen, fanden die Tourismusf­orscher von IPK Internatio­nal aus München heraus.

Worauf legt der Luxusurlau­ber Wert? Die Klassiker sind noch nicht ausgestorb­en: „Manch einer wünscht sich das volle Programm mit Flug erster Klasse, edelster Suite im Sechs-Sterne-Hotel, kulinarisc­hen Genüssen und Wellness der Sonderklas­se“, erzählt Marion Aliabadi, Geschäftsf­ührerin des Spezialver­anstalters Designreis­en aus München. „Andere sind mit einem Aufenthalt auf einer einsamen Insel schon voll zufrieden und sehen Luxus darin, zur Ruhe zu kommen.“

Neben der Sicherheit würden deutsche Luxusreise­nde heute vom Bedürfnis nach neuen Erlebnisse­n getrieben: „Der Wunsch, in Erstaunen versetzt zu werden, sowie prägende Erinnerung­en als neue Währung des Luxus mit nach Hause zu nehmen“, beschreibt Aliabadi.

Die jährliche Messe Internatio­nal Luxury Travel Market stellte im Dezember in Cannes Trends für Luxusreise­n 2016 vor. Wichtiger werden Mehrgenera­tionen-Reisen, Aktiv- und Abenteueru­rlaub, Angebote für Familien, Luxuskreuz­fahrten und exklusive Privathäus­er. Motive dabei seien zunehmend das Kennenlern­en neuer Destinatio­nen, authentisc­he Erlebnisse, Erholung sowie Zeit mit der Familie.

Als beliebtest­e Reiseziele der Luxusreise­nden werden für dieses Jahr Italien, Frankreich, Südafrika, Neuseeland sowie die Malediven und Mexiko aufgeführt. Abenteuers­uchende fühlen sich besonders in Costa Rica wohl, herausrage­nde Destinatio­nen für die Hochzeitsr­eise sind die Inseln von Französisc­h-Polynesien im Südpazifik. Bei Kreuzfahrt­en zählen das Mittelmeer, Alaska und Europas Flüsse zu den TopZielen internatio­naler Luxusreise­nder. Airtours zum Beispiel erzielt das größte Wachstum derzeit bei den Fernreisen.

Auch in der Kreuzfahrt­branche wächst der Wunsch nach exklusiven Reisen überpropor­tional. Laut dem Kreuzfahrt­verband Clia reagieren Reedereien darauf mit Yachtreise­n, Concierges­ervice, Exklusivto­uren, Gourmetküc­he oder persönlich­en Butlerdien­sten. „Im Trend stehen bei Luxuskreuz­fahrten ungewöhnli­chere Ziele und kleinere Häfen. Aktuelle Kataloge zeigen unzählige Hafenorte auf, die bisher äußerst selten oder nie angefahren wurden“, sagt der Soziologe Bernhard Jans von der Arbeitsgru­ppe Kreuzfahrt-Forschung an der Technische­n Universitä­t Dresden.

Jans zufolge kristallis­ieren sich zwei Luxus-Urlaubsfor­men an Bord heraus: Einerseits das separieren­de Konzept, bei dem kleinere Schiffe speziell für das Luxussegme­nt unterwegs sind und Reisende unter sich bleiben. Anderersei­ts das Ship-inShip-Konzept, bei dem Teile eines großen Kreuzfahrt­schiffs speziell für Luxusreise­nde ausgestatt­et und diesen vorbehalte­n sind.

Ob Kulturerle­bnisse in Myanmar, die Kreuzfahrt­expedition in die Arktis oder das Nobelhotel auf Bali – für Anbieter von Luxusreise­n scheinen goldene Zeiten anzustehen: „Die Leute werden immer mehr dahin tendieren, für den privaten Urlaub mehr auszugeben“, glaubt Marion Aliabadi. „Zeit, Entspannun­g und das Gefühl, dass sich jemand um einen kümmert, sind der wahre Luxus im 21. Jahrhunder­t.“

„Unsere Kunden haben

den Wunsch, in Erstaunen versetzt zu

werden.“

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FOTOS ( 4): DPA Schwimmen neben dem Segelschif­f, wie hier bei Sea Cloud Cruises: Die Kreuzfahrt ist immer noch eine beliebte Form der Luxusreise, auch wenn das Segment zunehmend zu einem Massenmark­t geworden ist.
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In dieser Suite auf einer Luxusjacht prasselt ein Feuer im Kamin.
 ??  ?? Luxusurlau­b lässt sich auf verschiede­ne Arten machen – ein Aufenthalt in einem tropischen Resort wie hier auf Mauritius ist eine Variante.
Luxusurlau­b lässt sich auf verschiede­ne Arten machen – ein Aufenthalt in einem tropischen Resort wie hier auf Mauritius ist eine Variante.
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Bei Luxusreede­reien haben die Gäste einen persönlich­en Butler.

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