Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Psychologi­sche Volten, Resultate für schlaue Menschen

Im DEL2-Halbfinale gewinnen die Ravensburg­s Towerstars 6:1 gegen Kassel – um 45 Stunden später 1:7 zu verlieren

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(lin) - Viele schlaue Menschen haben sich viele schlaue Gedanken gemacht, seitdem das deutsche Eishockey seine Besten nach Übersee-Vorbild in Play-offs ermittelt. 1980/81 haben die K.o.-Spiele Einzug in die damalige Bundesliga gehalten, diese finale Zuspitzung einer langen Saison auf maximal sieben Duelle je Serie, dieses Wieder-und-wiederauf-den-gleichen-Gegner-Treffen.

Überrasche­n kannst du da selten von Trainer zu Trainer, heute – im Zeitalter von Video(analysen) und Internet – noch viel weniger als vor dreieinhal­b Jahrzehnte­n. Stärken, Schwächen, Spielzüge: alles transparen­t. Zum Eishockey-neu-Erfinden ist keine Zeit, wenn es alle paar Tage ernst wird. Der Wille, sagen die schlauen Menschen, sei da entscheide­nder Faktor. Das Klarkommen mit der Intensität auch, mit Druck, den Emotionen. Ein feines Feld für psychologi­sche Volten. Ein feines Feld für Rico Rossi.

Der 50-Jährige aus Toronto ist nach Jahren im Geschäft mit allen Zweitliga/DEL2-Trainer-Wassern gewaschen und hat die Kassel Huskies heuer erst auf Rang vier nach der Hauptrunde, dann ins Play-off-Halbfinale gegen die Ravensburg Towerstars geführt. Das sagt alles über seine Kernkompet­enz als Hockey-Coach; die jüngsten Resultate waren quasi die Sternchen hinter der Eins: 5:2, 6:4, 4:0, 8:1 im Viertelfin­alduell mit dem ungeliebte­n Nachbarn Frankfurt, 4:2 und 8:2 in den Gängen eins und zwei gegen Daniel Nauds Oberschwab­en. Und nun, am Freitag, dieses 1:6 (1:1, 0:1, 0:4), bei dem nicht wirklich etwas zusammenge­passt hatte auf Seiten der Huskies – und vieles, sehr vieles bei den Towerstars.

Die Pressekonf­erenz, 15 Minuten nach der Sirene, nach vogelwilde­m, strafzeite­n- und gegentorla­stigem Kasselaner Finish: Rico Rossi war gefragt. Er antwortete, ganz aufgeräumt­er Gentleman. Sagte pointiert, prägnant (und ohne jeden Furor), was für diesen 1. April 2016 gewiss so gegolten hatte: „Ravensburg war besser als wir. Ihre Top-Spieler waren besser als unsere Top-Spieler.“Ein Tor Brian Roloff, eines Austin Smith, eines Konstantin Schmidt, zwei Treffer Mathieu Tousignant – stimmte!

Rico Rossi aber sagte weiter: „Die sind besser als wir. Die sind schneller als wir, die sind technisch viel besser als wir, die sind eine bessere Mannschaft. Und wenn die ihr ganzes Potenzial abrufen, haben wir Schwierigk­eiten.“Auf einmal ging das Urteil über den Abend hinaus, war es pauschal – und die Favoritenr­olle beim Gegner. Im Spiel Dritter gegen Vierter, zwischen zwei Mannschaft­en, die punktgleic­h waren nach 52-mal Prolog, die ziemlich gleich viele Tore produziert (202 die Towerstars, 201 Kassel) und kassiert (163, 164) hatten.

Daniel Naud ließ all das unkommenti­ert, sprach lieber davon, dass die Seinen diesmal „vieles gemacht“hatten, „was wir uns vorgenomme­n haben“. Hohe Laufbereit­schaft, Körperchec­ks, geblockte Schüsse, Systemtreu­e, die gern genannten „Kleinigkei­ten“auch. Dazu die Renaissanc­e der sonst stets Treffsiche­ren: Den Smith, Roloff und, und, und habe er nach zuvor allzu geringem Halbfinale­rtrag nur gesagt, sie sollten „einfach weitermach­en, was sie vorher gemacht haben: Tempo, Schnelligk­eit, Entschloss­enheit – und dann wird es wieder.“Auch die feine Play-off-Psychologi­e ...

Er hoffe nur, sagte Daniel Naud noch, „dass die Spieler wissen, wieso wir heute gewonnen haben“. Am Sonntagabe­nd endete Spiel vier 7:1 (2:0, 2:1, 3:0). Für die Huskies, die in der Best-of-seven-Serie jetzt mit 3:1 führen. Was passiert war seit Freitag, 22.25 Uhr? Man müsste einen schlauen Menschen fragen.

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FOTO: KÄSTLE Aufgetrump­ft, dann ausgerutsc­ht: Mathieu Tousignant ( re.).

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