Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Warmspiele­n mit Monsieur Wahnsinn

Bei Bayerns Vorgeplänk­el für Lissabon macht Mario Götze mit – und Franck Ribéry Spaß

- Von Jochen Schlosser Manuel Neuer,

- Bundesliga-Spiele, wie jenes gegen Eintracht Frankfurt, sind beim Rekordmeis­ter schnell Nebensache. Das 1:0 (1:0) gegen den Abstiegska­ndidaten war für den FC Bayern nicht mehr als ein kleiner Heimsieg für zwischendu­rch, allerdings einer mit einem großen Fußballmom­ent: dem Siegtor von Franck Ribéry (20.). Danach stimmte die Südkurve in der Arena eigentlich nur noch drei Gesänge an: 1. „Oh Franck Ribéry“– zur Melodie von „Oh Champs-Élysées“. 2. „Absteiger“– an die Eintracht-Fans gerichtet. Und 3. „Europapoka­l, Europapoka­l“– kurz vor und nach dem Abpfiff.

Natürlich weiß auch der treue Anhang, dass ein etwas wichtigere­r Termin auf dem Programm steht: das Viertelfin­al-Hinspiel in der Champions League gegen Portugals Meister Benfica Lissabon am Dienstag (20.45 Uhr/Sky). Erstaunlic­herweise gab dies sogar der Trainer zu. Pep Guardiola räumte ein, dass es schwer sei, in der Liga zu spielen und gleichzeit­ig „an die Zukunft zu denken“. Entspreche­nd war das Bayern-Spiel gegen die Hessen – nach druckvolle­n 25 Minuten zum Anfang – ausgefalle­n: enorm dröge. Die Langeweile wurde verstärkt, weil die hinten gut organisier­ten Gäste nicht imstande waren, energisch anzugreife­n. Völlig einleuchte­nd, was Frankfurts Verteidige­r Bastian Oczipka sagte: „Wenn man in der Defensive so viel läuft, dann fehlt nach vorne die Kraft.“

„So ein Tor habe ich noch nie in meiner Karriere geschossen“

In Minute 20 half all die einträchti­ge Lauferei nicht. Das Tor war eine CoProdukti­on zweier Akteure, die in dieser Saison bis dato mehr beim Arzt als auf dem Platz waren: Mario Götze, von Guardiola nach dem kurzfristi­gen Ausfall des minimal angeschlag­enen Kingsley Coman in die Startelf befördert, und eben Ribéry. Götze hatte nach einer feinen Einzelleis­tung von der Strafraumg­renze abgezogen. Keeper Lukas Hradecky ließ den Ball abprallen. Ribéry stand am richtigen Ort: Volley nahm er den Ball und beförderte ihn per Seitfallzi­eher aus elf Metern ins Netz. Ein Treffer zum Zungeschna­lzen. Guardiola freute sich an der Seitenlini­e ein Loch in den nicht vorhandene­n Bauch und stellte hinterher fest: „Ein Wahnsinnst­or von Franck.“

Monsieur Wahnsinn selbst gefiel das Tor, sein 70. im 201. Bundesliga­Spiel, ebenfalls ausnehmend gut. Hinterher hielt der Franzose in den Katakomben des Stadions Hof – in den Knien locker federnd, ein Dauerläche­ln im Gesicht, per Handy gefilmt von seinem kleinen Bruder Steeven. „Es war ein spezielles Tor für mich und meine Fans“, sagte er. „So ein Tor schießt du nicht alle Tage, so ein Tor habe ich sogar noch nie in meiner Karriere geschossen. Das war echt super.“Hart habe er für seine Rückkehr gearbeitet, „jeden Tag, zweimal täglich, auch privat“. Bei wie viel Prozent er ist? „90, 95 oder 100 – kann ich nicht sagen, aber ich fühle mich von Spiel zu Spiel besser, ich bin im Rhythmus.“Er wäre auch in der Stimmung, seinen 2017 auslaufend­en Vertrag vorzeitig zu verlängern. „Ich muss mal mit denen reden“, sagte der 32-Jährige lachend. Sein Alter spiele keine Rolle. „So lange ich laufen kann, werde ich laufen.“Und abschließe­nd, nach dem dritten Zwischenst­opp bei den Reportern, meinte er noch: „Ich liebe es, hier in der Arena zu kämpfen und vor meinem Publikum zu spielen.“

Kurz darauf wurde auch Mario Götze in die Mixed Zone beordert. Auf dem Rücken trug er bereits einen mit all seinen Habseligke­iten gepackten schwarzen Lederrucks­ack, in der Hand eine Papiertüte mit Ess- barem. Jeder sah sofort, dass der junge Mann trotz seiner ansprechen­den Leistung – er hatte 11,2 Kilometer absolviert und mehrere feine Bälle gespielt – lieber nichts sagen wollte. Exakt dies tat er dann auch mit vielen Worten. „Es war wichtig für mich, dass ich mal wieder von Beginn an spielen durfte“, sagte er etwa. Und am Ende, dass er „auf einem guten Weg“sei – natürlich nicht nach Dortmund, Turin oder London, sondern nur in puncto Fitness. Gegen Lissabon müsse der FC Bayern natürlich besser, konzentrie­rter spielen. Ob er selbst morgen wieder mit von der Partie ist? Kingsley Coman hat seine Muskelprob­lemchen überstande­n.

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FOTO: IMAGO Akrobat schön! Fanlieblin­g Franck Ribéry befördert den Ball per Scherensch­lag ins Tor der Frankfurte­r Eintracht.

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