Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Stuttgarts neue Bescheidenheit
Der VfB freut sich über das 2:2 in Darmstadt – trotz des schweren Restprogramms
(SID/dpa/sz) - Jürgen Kramny hatte einen Bärenhunger. Mit einem Brötchen in der rechten Hand schlurfte der Trainer des VfB Stuttgart gut gelaunt durch die Katakomben – weil der Appetit gestillt, vor allem aber, weil das 2:2 (2:1) bei Darmstadt 98 äußerst glücklich war. „Wir sind mit dem Punkt sehr, sehr zufrieden“, sagte Kramny: „Darmstadt war dem Sieg sicherlich näher.“
Ein Pfosten- und Lattentreffer binnen weniger Sekunden bewahrte die Schwaben kurz vor Schluss vor dem nächsten Rückschlag. Mit nur einem Sieg aus den letzten sieben Partien ist Stuttgart sechs Spieltage vor Saisonende zwar noch lange nicht gerettet, zumal das Restprogramm gegen Bayern, in Augsburg, gegen Dortmund, in Bremen, gegen Mainz und in Wolfsburg äußerst knackig ist. Dennoch war Kramny guter Dinge: „Wir haben den Abstand auf Frankfurt um einen Zähler vergrößert, Darmstadt zudem auf Distanz gehalten. Das ist wirklich sehr beruhigend.“Sechs Punkte beträgt der Vorsprung zu den Abstiegsrängen. Hätte der VfB am Samstag gewonnen, wäre er schon so gut wie gerettet gewesen. Hätte er allerdings verloren, wäre Darmstadt bis auf einen Punkt herangerückt.
Keinerlei Anzeichen von Unzufriedenheit zeigte wenig später auch Sportdirektor Robin Dutt, der von einem „sehr wichtigen“Punkt sprach: „Wir wollten gewinnen, natürlich. Aber wenn man die Chancen sieht, sollten wir mit dem Ergebnis zufrieden sein.“Ihn ärgerte aber, „wie unsere Gegentore entstanden sind. Beide Situationen waren vermeidbar“.
Trotz zahlreicher Möglichkeiten vor allem in der zweiten Halbzeit kamen die Gastgeber nur zu Toren von Sandro Wagner (26.) und Peter Niemeyer (52.). Einzig der etwas überraschende Doppelschlag vor der Halbzeit durch Kapitän Christian Gentner (45.) und Lukas Rupp (45.+2) bewahrte Stuttgart vor Schlimmerem. Der VfB trat lange Zeit so auf, als sei er sich dem Ernst der Lage nicht bewusst. Bestes Beispiel war der unkonzentrierte und völlig verunglückte Rückpass, mit dem Serey Dié den 0:1-Rückstand einleitete. Und nach dem 2:2 hatte der VfB keine Torchance mehr.
Auch die Spieler waren daher mit dem Remis zufrieden: „Wir haben alles selbst in der Hand, daher müssen wir nicht unbedingt auf die anderen schauen“, sagte Rupp, der aus einem insgesamt schwachen Stuttgarter Team herausragte und meinte: „Wenn wir mal Fußball gespielt haben, dann sah es auch ganz gut aus.“Gentner sagte: „Wir waren spielerisch zu ungenau und beim letzten Pass nicht konsequent genug. Daher haben wir auch nicht mehr als diesen einen Punkt mitgenommen.“Unter dem Strich verteidigten der Kapitän und auch der Sportchef ihr Team aber vehement. „Die Mannschaft hat Kampfgeist bewiesen und entschieden dagegengehalten“, sagte Dutt. Bei Gentner klang das ganz ähnlich: „Beide Mannschaften haben alles reingehauen.“
Im Derby gegen den FC Bayern muss sich die Stuttgarter Abwehr allerdings steigern. Dann sind auch Georg Niedermeier nach abgelaufener Gelbsperre und Toni Sunjic nach ausgeheilter Gehirnerschütterung wieder dabei. Der Bosnier war in Darmstadt bereits nach 20 Minuten ausgewechselt und zur Sicherheit ins Krankenhaus gebracht werden. Für Kramny, der überraschend erstmals auch Timo Baumgartl von Beginn an gebracht hatte und damit die Innenverteidigung komplett umstellte, war dies natürlich ein herber Rückschlag. Daniel Schwaab musste für Sunjic nach innen rücken, für ihn kam Florian Klein für die Position des Rechtsverteidigers.
Darmstadts bestes Heimspiel
Darmstadt ist zwar mittendrin im Neunkampf um den Abstieg, tankte aber Selbstvertrauen. „Ich bin mir sicher, dass unser Einsatz am Ende der Saison belohnt wird“, sagte Wagner, der mit nun zwölf Saisontreffern maßgeblichen Anteil daran hat, dass die Lilien noch vom Klassenerhalt träumen dürfen. „Ich bin ja schon froh, dass wir nicht wieder am Ende die Punkte hergeschenkt haben.“
Neun Zähler hat Darmstadt bereits durch Gegentore in den letzten 15 Minuten verspielt, der Doppelschlag vor der Pause ließ Böses ahnen. „Wir sollten den Antrag stellen, nur noch zweimal 40 Minuten zu spielen“, scherzte Wagner. „Dann hätten wir die nötigen Punkte schnell zusammen.“Trainer Dirk Schuster blieb nach dem „besten Heimspiel der Saison“aber positiv. „Es war ein sehr intensives und kampfbetontes Spiel, es ging richtig zur Sache. Der Doppelschlag vor der Pause fühlte sich an wie ein Genickschlag. Danach haben wir eine sehr große Moral an den Tag gelegt. Wir wollen den Blick nach vorne richten. Ich bin mir sicher, wir werden weiter punkten.“Vielleicht schon am Samstag beim Hamburger SV.