Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Auf das Wasserbad folgt die große Sauerei
Die Wildschweine Lotta und Fridolin sind die bekanntesten Haustiere Justingens
- Carina Roth wirft einen pinken Gummiball auf die Wiese. Die Wildschweinkinder Fridolin und Lotta stecken sofort ihre Rüssel aus Erde und rennen dem Ball hinterher. Dass dabei der ein oder andere Gartenstuhl umfällt und Teppiche verrutschen, stört Carina Roth gar nicht mehr. Zusammen mit Lebensgefährten Michael Oschlies zieht sie die beiden kleinen Wildschweine auf.
„Die Beiden wurden zu Waisen, nachdem ihre Mutter bei Holzarbeiten umkam. Die Kinder waren erst ein Tag alt“, erzählt Oschlies, der die Wildschweinkinder nicht sich selbst überlassen wollte. „Wir haben den alten Schweinestall bei uns am Haus so hergerichtet, dass sie dort unterkommen können. Darin haben sie genug Platz – 80 Quadratmeter insgesamt“, erklärt er. Für den Berufsjäger sind Lotta und Fridolin nichts Außergewöhnliches. Immer wieder komme es vor, dass er Tierbabys retten müsse und dann versuche, sie aufzuziehen. „Anfangs haben wir sie jede Stunde füttern müssen“, erklärt Ersatzmutter Carina Roth.
Lotta und Fridolin laufen ihr auf Schritt und Tritt hinterher, genießen es, von ihr mit Wasser besprüht zu werden. Die Sauerei ist danach groß, denn nachdem sich die Beiden im Matsch gewälzt haben, wollen sie die 25-Jährige wieder anspringen. „Von sauberen Klamotten muss man sich verabschieden. Aber die Schweine sind total zutraulich. Sogar wenn wir im Wald spazieren gehen, bleiben sie bei uns – ohne, dass wir eine Leine benutzen müssten“, erzählt der 30-jährige Michael Oschlies.
„Es ist interessant zu sehen, wie sie aufwachsen. Wildschweine brauchen tierisches Eiweiß, da sie es nicht aus Pflanzen aufschlüsseln können. Deshalb stecken sie ihre Nase in den Boden, um Würmer oder Mäuse zu finden. Lotta und Fridolin hat das keiner gezeigt. Trotzdem haben sie damit angefangen.“Eine weitere wichtige Erkenntnis sei für ihn, dass seine Wildschweine gut 80 Zentimeter hoch springen können. „Da bringen unsere niedrigen Zäune, die Wildschweine eigentlich abhalten sollen, natürlich nicht viel“, sagt Oschlies.
Mittlerweile sind die zwei Wildschweine 13 Wochen alt. „Als wir sie zu uns genommen haben, haben sie 500 Gramm gewogen. Jetzt sind das gut 18 Kilogramm – und sie werden noch größer“, sagt der Berufsjäger. Auf den ersten Blick scheinen Lotte und Fridolin nicht unterscheidbar zu sein. Doch für Carina Roth ist diese Aufgabe keine Herausforderung: „Lotte hat etwas dunkleres Fell. Außerdem ist sie etwas kleiner.“
In der Gemeinde sind Fridolin und Lotta die bekanntesten Haustiere. Immer wieder kommen die Kinder des Justinger Kindergartens, der genau gegenüber dem Haus von Michael Oschlies ist, vorbei und wollen die Wildschweine sehen. „Es kommt auch mal vor, dass zehn Kinder am Sonntag vor unserer Haustür stehen und die Tiere sehen wollen“, erzählt Oschlies. „Nicht nur die Kinder erfreuen sich an den beiden. Auch wir haben natürlich viel Arbeit aber auch viel Spaß mit ihnen“, sagt Carina Roth. „Und ganz nebenbei muss man kein Unkraut mehr jäten und die Wäsche kann auch häufiger gewaschen werden, da die Wildschweine unsere Klamotten immer so dreckig machen“, fügt Michael Oschlies mit einem Augenzwinkern hinzu.