Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kinder wünschen sich, dass auch Väter mehr Zeit für sie haben
Studie zur Familienarbeitszeit: Nach Eltern und Wirtschaft kommt in einer neuen Studie der Nachwuchs zu Wort
BERLIN - Viele junge Paare wollen Kinder haben und ihrem Beruf nachgehen. Doch während 60 Prozent der jungen Eltern von einer gleichmäßigen Aufteilung der Erwerbstätigkeit träumen, ist es bei fast der Hälfte aller Familien nach wie vor so, dass die Väter voll und die Mütter Teilzeit arbeiten. Was aber wünschen sich Kinder? In einer nicht repräsentativen Studie ließ das Familienministerium dies jetzt erforschen.
„Wozu muss Mama den ganzen Tag da sein?“Das sagen nicht etwa Teenies, die gern ein bisschen mehr Freiheit haben, sondern Kinder zwischen sechs und 14 Jahren, die vom Berliner Institut für sozialwissenschaftlichen Transfer (SowiTra) genauestens befragt wurden. Deren Eltern praktizieren bereits die Familienarbeitszeit, das heißt beide Elternteile arbeiten zwischen 28 und 36 Stunden im Monat. Man habe sich „eine spezielle Vorreitergruppe“genau angeschaut, sagt Svenja Pfahl vom SowiTra-Institut. Die Kinder zeigten sich zufrieden mit diesem Modell. Bester Beweis: Sie streben auch für ihre eigene Zukunft an, dass beide Elternteile erwerbstätig sind, dass Vater und Mutter möglichst gleich lang arbeiten und dass die Eltern nachmittags ein bis zwei Stunden früher nach Hause kommen, im Idealfall im Wechsel.
Durch die stärkere Einbindung der Väter in diesem Modell sind beide Elternteile gleichmäßige Bezugsund Ansprechpersonen. Die Rollen sind weniger fest zugeschrieben. Besonders für Töchter, so Svenja Pfahl, öffne der Vater „die Tür zu eher geschlechtsuntypischem Aktivitätsbereich. Mehr draußen, mehr Sport, mehr Handwerk“. Auch Homeoffice schneidet in der Studie ganz gut ab, es wird von den Kindern überwiegend positiv erlebt, weil die Eltern ansprechbar sind.
Die Studie, die in 28 Familien durchgeführt wurde, unterstützt ein Lieblingsprojekt des SPD-geführten Familienministeriums, das schon unter der früheren Ministerin Manuela Schwesig für die Familienarbeitszeit kämpfte. Gefragt wurden vor allem Familien, die an einer Elterngeldstudie für Väter in den Jahren 2009 und 2013 teilnahmen. Diese Familien zeigten sich offener für eine gemeinsame Reduzierung der Arbeitszeit.
Familienministerin Katharina Barley (SPD) meint: „Kinder finden es gut, wenn beide Eltern ähnlich viel Zeit für sie haben.“Das mache Familien stark und lasse Bindungen wachsen. Die Kinder schätzten den Zeitgewinn. Entscheidend seien die ein bis zwei zusätzlichen Stunden am Nachmittag mit ihren Eltern.
„Wir brauchen Trendsetter auf dem Gebiet“, sagt Barley. Deshalb sieht ihr Modell vor, dass der Staat mit einem Familiengeld von 150 Euro pro Elternteil diese Form der Familienarbeitszeit zwei Jahre lang unterstützt, bis zum achten Geburtstag der Kinder.
Auch in anderen Parteien gibt es ähnliche Überlegungen, die Grünen wollen reduzierte Arbeitszeiten je nach Verdienst unterstützen, die CDU denkt über Arbeitszeitkonten nach. Nach wie vor allerdings scheitert dies oft daran, dass die Väter noch sehr viel mehr verdienen oder in vielen Betrieben nur Halbtagsoder Ganztagsarbeit möglich ist. Dass sich diese Kultur ändert und mehr Flexibilität möglich ist, ist ein Anliegen der Familienministerin.