Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Attentäter hatten Verbindungen ins Ausland
Spanische Justiz räumt Fehler im Umgang mit mutmaßlichem Attentatsplaner ein
BARCELONA/BRÜSSEL - Sechs Tage nach den Anschlägen von Barcelona haben sich in Spanien die Hinweise auf enge Beziehungen der Terrorzelle ins Ausland verdichtet. In den Trümmern des Hauses der Gruppe im katalanischen Ort Alcanar südlich von Barcelona entdeckte die Polizei unter anderem mehrere Flugtickets, wie Medien am Mittwoch unter Berufung auf Ermittlerkreise berichteten.
Das Haus, in dem die Zelle ihre Taten geplant haben soll, war am vorigen Mittwoch vor den Anschlägen in Katalonien explodiert. Die Flugscheine seien unter anderem nach Brüssel auf den Namen des Imams Abdelbaki Es Satty ausgestellt. Der Imam gilt als Kopf der Terrorzelle. Er starb nach Polizeiangaben bei der Explosion.
Abschiebung des Imams gestoppt
Die spanische Justiz hat einen schweren Fehler im Umgang mit Es Satty eingeräumt. Ein Richter habe dessen Abschiebung im März 2015 gestoppt, erklärten die Behörden. Er habe damals befunden, der Imam stelle keine „ausreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung“dar. Es Satty habe zum Zeitpunkt seiner geplanten Abschiebung eine vierjährige Haftstrafe wegen Drogenhandels verbüßt. Der zuständige Richter habe geurteilt, der Imam sei „um Integration in die spanische Gesellschaft“bemüht.
Dass Es Satty sich zumindest Anfang 2016 in Belgien aufgehalten hatte, hatte nach den Anschlägen die Staatsanwaltschaft in Brüssel bestätigt. Eine Verbindung des 45-Jährigen zu den islamistischen Anschlägen vom März 2016 in Brüssel, bei denen 32 Menschen starben, sei aber nicht bekannt.
Beim Anschlag mit einem Lieferwagen auf Barcelonas Flaniermeile Las Ramblas und einer vereitelten Attacke im Küstenort Cambrils wurden am vorigen Donnerstag 15 Menschen getötet und mehr als 120 verletzt. Die Terrorzelle gilt als zerschlagen. Acht Terrorverdächtige sind tot, gegen drei weitere laufen Ermittlungen, ein vierter Mann wurde vom Ermittlungsrichter auf freien Fuß gesetzt.
Die Zeitung „El País“berichtete, mindestens drei der vorwiegend aus Marokko stammenden mutmaßlichen Mitglieder der Terrorgruppe seien in den Tagen vor den Anschlägen in das nordafrikanische Land, aber auch nach Belgien, in die Schweiz und nach Frankreich gefahren oder geflogen. Der Grund dieser Reisen sei noch nicht bekannt.
Vor dem Anschlag von Barcelona waren Verdächtige zwei Tage lang im Großraum Paris. Sie hätten in einem Hotel im Vorort Malakoff übernachtet. Der Grund dieser Kurzreise vom 11. bis zum 12. August sei unklar, sagte Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins in Paris. Es sei aber nicht darum gegangen, „einen Fotoapparat bei (der Elektronikkette) Fnac zu kaufen“. Untersucht werde, ob „die Terroristen“mit anderen Personen in Kontakt waren. Der Ermittler sprach von „zwei bis drei“Verdächtigen, aber das müsse nachgeprüft werden.
Der französische Innenminister Gérard Collomb hatte schon am Dienstag bestätigt, dass ein von der Terrorzelle in Katalonien genutzter Audi A3 im Pariser Großraum geblitzt worden war. Mit dem Wagen waren nach Angaben der spanischen Ermittler fünf der mutmaßlichen Terroristen am vergangenen Freitag im Badeort Cambrils unterwegs.
Wie ein lokaler Imam der belgischen Zeitung „De Standaard“erzählte, übernahm Imam Es Satty von Januar bis März 2016 eine freie Stelle in einer Moschee in Diegem bei Brüssel. Der Marokkaner habe angegeben, in Belgien Arbeit finden zu wollen, sagte Mimoun Aquichouh. Anzeichen dafür, dass der Imam auch in Belgien Jugendliche radikalisierte, gibt es Aquichouh zufolge nicht.