Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Beckers Herzensangelegenheit
Tennis-Ikone kehrt als Chef der Männer zum DTB zurück – ehrenamtlich
FRANKFURT (SID/dpa) - Boris Becker humpelte an Krücken – die Nachwirkungen einer Sprunggelenks-OP von vor fünf Wochen – und mit ernster Miene in den eichenholzvertäfelten Plenarsaal des Frankfurter Römers. Doch als er vor rund 100 Journalisten und 14 TV-Teams über seine künftige Rolle sprach, hellte sich die Miene des neuen und alten Hoffnungsträgers des Deutschen Tennis Bundes (DTB) schlagartig auf. Becker war in seinem Element.
„Es ist eine Herzensangelegenheit für mich. Ich liebe diesen Sport, und ich liebe dieses Land. Es freut mich, wieder eine wichtige Aufgabe im deutschen Tennis übernehmen zu dürfen“, sagte Becker, der nach für ihn persönlich schwierigen Wochen, in denen Schlagzeilen um seine finanziellen Probleme die Schlagzeilen dominierten, Souveränität und Selbstsicherheit ausstrahlte. Sein Vertrag als „Head of Men's Tennis“läuft vorerst bis zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio.
Geld bekommt Becker übrigens keines für sein Amt mit dem etwas gewöhnungsbedürftigen Titel. Nur die Reisekosten werden ihm erstattet. Dafür wird Becker ganz schön viel zu tun bekommen. Mit der früheren Nummer 1 der Weltrangliste als Ratgeber und dem im Amt bleibenden Teamchef Michael Kohlmann hofft der DTB in Zukunft auf den ersten Davis-Cup-Titel seit 1993. Seine erste Reise als Head of Men's Tennis führt Becker nach Portugal. Dort soll der zweimalige Davis-Cup-Champion helfen, den Abstieg zu vermeiden. In Lissabon kämpfen die deutschen Herren vom 15. bis 17. September gegen den Sturz aus der Weltgruppe. Auch solche Partien hat Becker erlebt.
Neben seiner Unterstützung fürs Davis-Cup-Team um Deutschlands Tennis-Hoffnung Alexander Zverev soll Becker auch im Nachwuchsbereich wichtige Impulse setzen sowie an Präsidiumssitzungen teilnehmen. Hier steht unter anderem die Rückholaktion von Toptalent Nicola Kuhn auf der Prioritätenliste ganz oben. Der 17-Jährige, der bei den French Open im Junioren-Finale stand, hatte 2015 die spanische Staatsbürgerschaft angenommen. „Wir arbeiten daran“, sagte Becker.
Und überhaupt: „Ich bin mittlerweile fast 50 und habe einen enormen Erfahrungsschatz als Spieler und als Trainer gesammelt“, sagte Becker. „Gewisse Dinge kann man nicht aus Büchern lernen, die muss man selbst erlebt haben. Und da bin ich glaube ich ein guter Ansprechpartner.“Dies war er auch drei Jahre lang für den ehemaligen Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic, mit dem er bis zum vergangenen Dezember zusammenarbeitete.
DTB-Präsident Ulrich Klaus nannte die Verpflichtung „einen weiteren Meilenstein“, Verbands-Vize Dirk Hordorff sprach von einer „Ansage an die führenden Tennis-Nationen“.
Dem im dunkelblauen Anzug erschienenen Becker, der auch schon zwischen 1997 und 1999 als DavisCup-Teamchef für den Verband arbeitete und im Unfrieden schied, war die Vorfreude auf das eigens für ihn geschaffene Amt deutlich anzumerken. Endlich wieder Tennis, „das ist das, was ich am besten kann. Ich liebe diesen Sport, ich liebe dieses Land“, betonte er. Und ergänzte: „Das ist ein neuer DTB, es ist eine runde Sache, das Timing passt.“
Beckers weibliches Pendant im DTB wird Barbara Rittner. Die 44Jährige gibt nach zwölf Jahren ihr Amt als Fed-Cup-Teamchefin auf und verantwortet als „Head of Women's Tennis“den Frauen- und Mädchenbereich. „Ich bin natürlich traurig, aber alles hat seine Zeit. Ich bin super neugierig auf die Zusammenarbeit mit Boris“, sagte Rittner.