Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Tanz den Wüstenrock
Queens Of The Stone Age entdecken auf ihrem siebten Studioalbum „Villains“den Boogie
RAVENSBURG - Was macht eine Band, die mit ihren Frühwerken stilprägende Meilensteine geschaffen hat, sich aber nicht wiederholen will? Seit ihrer 2002er-Großtat „Songs For The Deaf“(SFTD) sitzen die Queens Of The Stone Age (QOTSA) in der Falle. Denn irgendwie wird jedes Album seither daran gemessen. Doch wer auf „Villains“nur die Hits sucht, wird enttäuscht – und verpasst ein extrem nunanciertes Album, das seine musikalische Klasse erst unterm Kopfhörer offenbart.
Josh Homme ist, das muss man so sagen, ein Genie. Angefangen beim frohen Stonerrock seiner Band Kyuss, die staubtrockene Psychedelicsounds mit harten Gitarren verheiratete, entstanden Ende der 1990er-Jahre die Queens Of The Stone Age, die mit ihrem Sound immer aus der Rolle fielen. Während Bands wie Limp Bizkit die Gitarren tiefer stimmten, wirkte der QOTSA-Sound immer extrem drahtig und auch immer verletzlicher als die muskelbepackten Nu-Metal-Sounds des Jahrtausendwechsels. Auf „Songs For The Deaf“saß dann Foo FightersChef Dave Grohl am Schlagzeug, und selbst wenn das Album tatsächlich grandios war: Auch danach schrieb Josh Homme noch fantastische Songs. Insofern ein cleverer Zug, in einem kurzen Videoclip die Vorgänger-Alben quasi in persona ein paar Worte zum neuen Album verlieren zu lassen. Das sei der Sinn von Alben, dass sich der Stil verändere, schimpft der SFTD-Nachfolger „Lullabies To Paralyze“, der eben genau das Problem hatte, dass ihn viele nicht richtig wahrnahmen, obwohl er fantastische Songs zu bieten hatte.
Auf „Villains“zeigt sich, dass Sänger und Gitarrist Josh Homme – oh Wunder – älter wird. Und zwar nicht in Form von Alterszahmheit, sondern in einer stilistischen Breite, die klar reflektiert, was der 44-Jährige abseits der Queens so treibt. Denn die Kauzigkeit im Sinne eines Iggy Pop, an dessen aktuellem Album Homme mitgewirkt hat, findet sich hier ebenso wie die Tanzbarkeit, die wie von den Eagles Of Death Metal infiziert wirkt, bei denen er die Trommelstöcke schwingt. Wie gut sich zum neuen QOTSA-Album (passenderweise produziert von Pop-Magnat Mark Ronson) schwofen lässt, zeigt bereits der Opener „Feet Don’t Fail Me Now“: Nach einem verstörenden Intro – kommt dann live sicher sehr gut – wippen die Gitarren einen Groove, der frappierend an den Hit „Henrietta“von den Schotten The Fratellis erinnert. „The Way You Used To Do“ist dann elektrifizierter Boogie, wie ihn eben auch Jesse Hughes mit den Eagles Of Death Metal (EODM) fabrizieren könnte. „Fortress“klingt am ehesten nach den Queens, die die Fans sich aufgrund der verschachtelteren, komplexeren Kompositionen der neueren Alben manchmal zurückwünschen. Ein agiler Bass, ein federndes Schlagzeug – das erinnert an „I Never Came“von „Lullabies To Paralyze“.
Stonerrock ist nicht genug
Das rumpelnde „Head Like A Haunted House“leistet sich dann gar hysterische Frauenstimmen, die an den „Time Warp“aus der Rocky Horror Show erinnern. Ein wahrer Flohzirkus von Song. Das Laszive und Lässige ist bei aller Soundspielerei nicht gewichen, das bleibt charakteristisch für Homme und seine Mitstreiter.
„The Evil Has Landed“zitiert dann zum Ende hin sogar noch „Songs For The Deaf“ebenso wie EODM-Einflüsse. Am Ende steht mit dem „Villains Of Circumstance“ein vielschichtiges Stück voller Wendungen, das zeigt: Stonerrock ist Josh Homme nicht genug.