Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Start mit Glanz und „Gloria“
Der italienisch geprägte Auftakt von Diademus macht Lust auf die weiteren Konzerte in Roggenburg
ROGGENBURG - Draußen vor der Kirchentür: ein kleines Donnerwetter. Drinnen aber: himmlischer Glanz. Diademus, das Roggenburger Festival für Alte Musik, hat mit einem ausverkauften Konzert in der Klosterkirche begonnen. Der Tölzer Knabenchor, aber auch das Barockorchester Teatro del mondo, die Solistinnen Robin Johannsen, Jessica Jans (beide Sopran) und Ulrike Malotta (Alt) ernteten für ihre Darbietung am Ende viel Applaus und Standing Ovations.
Genossen hat den Beifall natürlich auch Festival-Intendant Benno Schachtner, der unverhofft zu der Ehre gekommen war, das Konzert zu leiten – und nur fünf Tage Zeit hatte, sich darauf vorzubereiten. Der eigentlich dafür vorgesehene Dirigent, Gerhard Weinberger, international bekannter Kirchenmusiker, Barockexperte und als Professor an der Hochschule für Musik in Detmold ein prägender Lehrer Schachtners, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht ans Pult gehen. Wohl aber konnte er mit Genuss das Konzert verfolgen, ebenso wie einige andere Ehrengäste, darunter Generalabt Thomas Handgrätinger aus Rom. Der gebürtige Ulmer ist der Chef des Prämonstratenserordens und war als solcher zu Besuch bei seinen Roggenburger Mitbrüdern.
Er hätte sich wohl keinen besseren Termin aussuchen können, denn das Programm war nicht nur sakral, sondern auch italienisch geprägt – obwohl mit Antonio Vivaldi (1678–1741) nur einer der drei Komponisten tatsächlich aus dem Land der Zitronenblüte stammt. Bereist hat den Stiefel aber Georg Friedrich Händel (1685-1759), der dort im Alter von 21 Jahren, den Psalm „Dixit Dominus Domino meo“(„Der Herr sprach zu meinem Herrn“) vertonte – sein ältestes erhaltenes geistliches Werk. „Dixit Dominus“verbindet Chor- und Solopassagen mit Mischformen und ist entsprechend farbenreich – erst recht, wenn es von einem so starken Ensemble dargeboten wird wie in Roggenburg.
Der international bekannte Knabenchor, dessen Gründer Gerhard Schmidt-Gaden ebenfalls unter den Zuhörern war, überzeugte durch Klanggewalt und scharfe Artikulation, das aus Frankfurt stammende Barockorchester mit der richtigen Balance aus Virtuosität und Zurückhaltung.
Schön, wie sich die beiden Sopranistinnen bei ihrem Duett („De torrente in via bibet“) ergänzten: Johannsen mit primadonnenhaftem Glühen, Jans mit feiner Natürlichkeit. Alt Malotta gefiel mit dunklem, der apokalyptischen Thematik von „Dixit Dominus“angemessenen Ernst.
Ebenfalls in Italien entstand das zweite Werk des Nachmittags – die Motette „Exsultate, jubilate“(KV 165), komponiert von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) während dessen dritter Italienreise 1773 und uraufgeführt in Mailand. Die vierteilige, an die italienische Oper des 18. Jahrhunderts angelehnte Motette ist vor allem ein Schaustück für die Solistin: Die US-Amerikanerin Robin Johannsen konnte bei den Koloraturen ihr ganzes Können ausspielen. Das Orchester begleitete sie tänzerisch-elegant – und entfaltete beim finalen „Alleluja“volle Klangpracht.
Am Ende des Konzerts kam dann mit Antonio Vivaldi der Italiener der Barockzeit – und mit dem in seiner Zeit am „Ospedale della Pietà“geschaffenen „Gloria“eines seiner wichtigsten geistlichen Werke.
Und natürlich wurde es der Höhepunkt des Konzerts – vor allem dank des Tölzer Knabenchors, der, von Dirigent Schachtner leidenschaftlich angeleitet, sowohl gleißende Fülle als auch zarte Erhabenheit zeigte. Mitreißender hätte man sich das Finale dieses Konzerts nicht wünschen können. Das sah offenbar auch Generalabt Handgrätinger so, der laut Intendant Schachtner im Anschluss großes Lob für das Konzert äußerte.
Für den Festivalleiter fängt die Arbeit jetzt richtig an: Er ist nach Halle gereist, um dort mit dem Händelfestspielorchester für das Abschlusskonzert (Samstag, 9. September, 19 Uhr) zu proben. Diademus geht schon am kommenden Wochenende weiter: Mit dem dreiteiligen Programm „Nachtaktiv“in Bibliothek, Kirche und Innenhof des Klosters.