Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Der Präsident ist allgegenwärtig
Emmys für die TV-Serien „The Handmaid’s Tale“und „Little Big Lies“und die Show „Saturday Night Live“
LOS ANGELES (AFP/dpa) - Seitenhiebe auf US-Präsident Donald Trump und ein selbstironisches Comeback seines ehemaligen Sprechers Sean Spicer haben für Glanzlichter der diesjährigen Emmy-Verleihung im Microsoft Theatre gesorgt. Die Politik spielte auch bei den meisten preisgekrönten Filmen eine wichtige Rolle: Als beste Drama-TV-Serie sowie in vier weiteren Kategorien wurde „The Handmaid’s Tale“ausgezeichnet, das Porträt eines autoritären Amerikas. Ebenfalls fünf Preise gingen an die Miniserie „Little Big Lies“.
Dass es ziemlich politisch zugehen würde, machte Moderator Stephen Colbert gleich zu Beginn der Gala am Sonntagabend deutlich: „Was auch immer Sie für den Präsidenten empfinden – und Sie empfinden etwas für den Präsidenten –, Sie können nicht leugnen, dass jede Sendung auf irgendeine Weise von Donald Trump beeinflusst wurde“, sagte der Satiriker in seiner Eröffnungsmoderation.
Auch der Gewinner des Abends, die Serie „The Handmaid’s Tale“des Videoportals Hulu, könnte als Kritik an autoritären Tendenzen verstanden werden. Die Serie beruht auf dem Roman „Der Report der Magd“der kanadischen Autorin Margaret Atwood und erzählt von einer Zukunft in einem autoritären System, in dem Frauen vollständig unterdrückt werden.
Hauptpreis für Elisabeth Moss
Die Serie wurde nicht nur in der Königskategorie, sondern auch für Drehbuch und Regie ausgezeichnet. Elisabeth Moss, in Deutschland bekannt durch ihre Rolle in der Serie „Mad Men“, bekam einen Emmy für die beste weibliche Hauptrolle, Ann Dowd wurde für ihre Nebenrolle als brutale Lehrerin ausgezeichnet. Die fünf Preise sind auch ein großer Erfolg für die Videoplattform Hulu, die damit dieses Jahr den Streamingdienst Netflix übertrumpfte.
Als bester Hauptdarsteller in einer Dramaserie wurde Sterling K. Brown für seine Rolle in „This Is Us – das ist das Leben“ausgezeichnet. US-Schauspieler Alec Baldwin bekam für seine parodistische Darstellung von US-Präsident Trump in der Satireshow „Saturday Night Live“die Trophäe als bester Nebendarsteller in einer Comedyserie. „Ich schätze, ich sollte sagen, ,Endlich, Herr Präsident, hier ist Ihr Emmy’“, sagte Baldwin, als er den Preis entgegennahm. Damit spielte er auf Trumps Klagen an, dass er niemals für seine erfolgreiche Reality-Sendung „The Apprentice“ausgezeichnet worden sei. Genau, meinte Moderator Colbert: „Warum habt ihr ihm keinen Emmy gegeben? Wenn er einen gewonnen hätte, wäre er vielleicht nie in das Rennen um die Präsidentschaft gegangen. Er hat euch nie vergeben und er wird es nie tun.“Aber, sagte Colbert in seinem nächsten Seitenhieb: „Anders als die Präsidentschaft gehen die Emmys an die Gewinner der direkten Stimmen.“Trumps Gegenkandidatin Hillary Clinton hatte bei der Wahl im November knapp drei Millionen mehr Stimmen sammeln können, unterlag jedoch aufgrund der geringeren Zahl der Wahlmännerstimmen.
Baldwin for President
Baldwin hatte „Saturday Night Live“mit seiner Parodie des US-Präsidenten zu Rekordeinschaltquoten verholfen. Baldwins Kollegin Kate McKinnon, die während des US-Präsidentschaftswahlkampfs Trumps demokratische Rivalin Hillary Clinton gespielt hatte, erhielt dafür ebenfalls einen Emmy.
Beliebtes Objekt der Satire war bei „Saturday Night Live“auch Trumps Sprecher Sean Spicer – bis zu seinem Rücktritt im Juli. Bei der Emmy-Verleihung feierte er nun ein verblüffendes Comeback: Kaum hatte die Gala begonnen, rollte Spicer mit einem fahrbaren Sprecherpodium auf die Bühne und verkündete, dass noch nie so viele Zuschauer die Verleihung verfolgt hätten wie dieses Mal. „Punkt.“Mit der Anspielung auf seine erste Pressekonferenz als Trumps Sprecher, bei der er – allen Fotos zum Trotz – ein Rekordpublikum für dessen Amtsantritt reklamierte, hatte Spicer die Lacher auf seiner Seite.
Die Auszeichnung für die beste Comedyserie ging an die Politsatire „Veep“. Hauptdarstellerin Julia Louis-Dreyfus bekam für ihre Rolle als glücklose Vize- und Präsidentin ihren sechsten Emmy.
Für eine Politikerrolle wurde auch der US-Schauspieler John Lithgow ausgezeichnet. Er bekam den Emmy als bester Nebendarsteller in einer Dramaserie für seine Darstellung des britischen Premierministers Winston Churchill im NetflixPolitdrama „The Crown“.