Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Stadtwerke wollen auf Elektrobusse setzen
Wie sich der Oberbürgermeister und andere Experten die Zukunft des Verkehrs vorstellen
ULM (köd/heo) - Wie wird der öffentliche Nahverkehr in Ulm in ein paar Jahren aussehen? Es wird sich sehr viel sehr schnell ändern, davon zeigten sich bei der Podiumsdiskussion zum Ende des Fachtags für innovativen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) die Referenten überzeugt. Im Stadthaus thematisierten Ulms Oberbürgermeister Gunter Czisch, Stadtwerke-Geschäftsführer André Dillmann, Franz Loogen, der Geschäftsführer der Landesagentur für Elektromobilität und Werner Tillmetz, Leiter des Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg über den ÖPNV der Zukunft.
„Die Vielfalt der Mobilitätsformen wird sichtbar sein in der Stadt“, ist sich Czisch sicher. Und er plädierte dafür, dass die Diskussion um die Zukunft des öffentlichen PersonenNahverkehrs entideologisiert werden muss, und dass die Regio-S-Bahn Donau-Iller ein wichtiger Baustein sei. SWU-Mann Dillmann zeichnete seine Zukunftsvision auf: vom autonom fahrenden Elektro-Auto pünktlich abholen und an die Mobilitätsdrehscheibe Bahnhof bringen lassen, um dann stressfrei ans Reiseziel zu kommen. „Wir müssen das Thema Mobilität neu denken!, forderte Czisch. Es gelte, von der Eindimensionalität Straßenbahn wegzukommen.
Elektrobusse über Nacht laden
Die Elektromobilität beschäftige die SWU sehr intensiv, sagte Dillmann. Im Moment tendiere man zu Elektrobussen, die über Nacht geladen werden, und noch im Lauf dieses Jahres soll der erste Elektrobus nach Ulm kommen.
„Aber Ulms Topographie ist eine Herausforderung.“Zudem koste ein Elektrobus mit einem Anschaffungspreis von etwa 800 000 Euro mehr als das Doppelte des Anschaffungspreises eines herkömmlichen Busses - und die Elektrobusse verlangen einen Umbau des Betriebshofes. Aus deutscher Fertigung wird der erste Ulmer E-Bus nicht sein können: Erst Ende 2018 beginnt die Serienfertigung des elektrisch angetriebenen Mercedes-Benz Citaro. Beim deutschen Marktführer, der Konzernmutter des Neu-Ulmer Reisebuswerks, geht man davon aus, dass im Jahr 2030 70 Prozent aller neu zugelassenen Stadtbusse über einen emissionsfreien Antrieb verfügen.
Carsharing, wasserstoffgetriebene öffentliche Nahverkehrssysteme und Robo-Taxis: „Wir sind mittendrin in einem ganz großen Spiel, das weltweit gespielt wird“, sagte Franz Loogen.
ZSW-Leiter Werner Tillmetz gab ihm recht: In China, das derzeit sein ÖPNV-Netz aufbaut, rollten bereits 150 000 Elektrobusse. Ist angesichts des Umstandes, dass ein einziger Elektrobus so viel CO2 einspart wie es 400 bis 500 Elektro-Autos tun, nicht der sinnvollerer Weg, den öffentlichen Nahverkehr zu elektrifizieren, zumal - wie André Dillmann sagte - immer mehr Menschen in die Städte drängen und der ÖPNV in der immer dichter besiedelten Stadt in der Zukunft eine ganz wichtige Rolle spielen wird, wenn man die Lebensqualität der Städte erhalten und steigern will?
Man müsse in die Elektro-Infrastruktur erheblich investieren, gab Czisch zu verstehen, der für offene Daten plädierte, „auch wenn manche Busunternehmer jetzt Schnappatmung kriegen.“Die Sichtbarkeit der E-Mobilität spiele für die Akzeptanz eine große Rolle.
Autonome Fahrsysteme in Bussen und Bahnen
Die Teilnehmer am Podiumsgespräch setzten auf den Ausbau der Digitalisierung. Die Touch-Screens der Gegenwart werden schon bald der Vergangenheit angehören; die „Helferlein“der Zukunft, die für ein künftiges Mobilitätssystem unverzichtbar sein werden, werden gestenoder sprachgesteuert sein. Dillmann hält es für wahrscheinlich, dass es in zehn Jahren keine Straßenbahnund Busfahrer mehr geben wird, sondern die Fahrzeuge über autonome Fahrsysteme verfügen.