Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Über Nacht Abgeordneter: Kulitz nach Berlin
Wahlkreis Ulm/Alb-Donau mit drei Abgeordneten im Bundestag vertreten – Wahlkrimi endet mit Überraschung
ULM - Mit drei Abgeordneten wird der Wahlkreis Ulm/Alb-Donau im neuen Bundestag vertreten sein: FDP-Mann Alexander Kulitz (36) aus Ulm erfuhr am frühen Montagmorgen, dass er über die liberale Landesliste gewählt worden ist. Das Direktmandat errang Ronja Kemmer (28, CDU), über die Landesliste ihrer Partei kommt Hilde Mattheis (62, SPD) in den Bundestag.
Auch bisher hatte der Wahlkreis drei Abgeordnete entsandt: Neben Kemmer und Mattheis war Heinz Wiese (72, CDU) 2013 über die baden-württembergische Landesliste in den Bundestag gewählt worden. Wiese war zuvor bereits von 1998 bis 2002 Abgeordneter. Für die diesjährige Bundestagswahl war der Ehinger nicht wieder nominiert worden.
Über Nacht Abgeordneter. Für Kulitz war der Wahlabend eine Zitterpartie: „Ein Krimi“. Bis 23.20 Uhr stand nicht fest, ob er den Sprung schaffen würde. Da noch nicht alle Wahlkreise ausgezählt waren, waren Aussagen, ob die Kandidaten auf den Landeslisten gewählt wurden, noch nicht möglich. „Und dann bin ich ins Bett gegangen, um am Morgen ausgeschlafen arbeiten zu können“, berichtet Kulitz. Gegen 0.40 Uhr sei dann klar gewesen, dass der Listenplatz 11 für Kulitz reicht.
Am Montagmorgen flog der 36jährige Rechtsanwalt nach Berlin, um dort an einer ersten Sitzung der künftigen FDP-Bundestagsfraktion teilzunehmen.
Eine Wohnung in der Bundeshauptstadt hat Kulitz bereits: Durch seine Tätigkeit an der Spitze der Wirtschaftsjunioren war er öfter an der Spree unterwegs.
Spross einer politischen Familie
Der liberale Jung-Abgeordnete stammt aus einer Familie, in der politisches Engagement quasi vererbt wurde. Schon der Großvater war Stadtrat in Ulm, Alexander Kulitz’ Mutter ist in der CDU aktiv. Vater Peter Kulitz ist als Präsident der Industrie- und Handelskammer Ulm ebenfalls im Ehrenamt unterwegs. Schwester Jessica Kulitz war fünf Jahre lang, bis 2014, für die Christdemokraten Stadträtin in Ulm. Alexander Kulitz selbst war bis zu seinem 35. Geburtstag ebenfalls Mitglied in der Jungen Union: „Dann wurde ich altershalber rausgeworfen.“Heute ist er bei den parteiübergreifend aktiven Wirtschaftsjunioren noch bis Ende des Jahres als Bundesvorsitzender aktiv.
Kulitz ist nicht von der Politik abhängig, will es auch nicht werden. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit und als Geschäftsführer einer eigenen Firma für Datensicherheit verantwortet er in dritter Generation im familieneigenen Unternehmen, der ESTA Apparatebau (170 Mitarbeiter, Landkreis Neu-Ulm), die Bereiche „Recht und Steuern“in der Geschäftsleitung. Diese Tätigkeit müsse nun anders strukturiert werden, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“.
Bestes Zweitstimmenergebnis
Die baden-württembergische FDP hatte bei der Bundestagswahl im Vergleich der Landesverbände das zweitbeste Zweitstimmenergebnis abgeliefert. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis erreichte sie in ihrem Stammland 12,7 Prozent – nach 6,2 Prozent im Jahr 2013. Stärkster FDP-Landesverband ist der in Nordrhein-Westfalen mit 13,1 Prozent – dort kommt Bundesparteichef Christian Lindner her. Im Bund kamen die Liberalen auf 10,7 Prozent.
Der Tübinger Politikwissenschaftler Hans-Georg Wehling glaubt, dass viele ehemalige CDUWähler zu den Liberalen gegangen sind. „Die FDP schneidet immer dann gut ab, wenn man mit der CDU unzufrieden ist.“Denn manche Wähler handelten dann nach dem Motto: „Es ist besser, aus Protest FDP zu wählen als die Alternative für Deutschland (AfD).“Die badenwürttembergische FDP, deren Spitzenkandidat Michael Theurer war, zieht nun mit insgesamt zwölf Abgeordneten in den Bundestag ein.