Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mutmaßlicher Sextäter war längere Zeit im Raum Ulm
Anwalt nennt weitere Details über den jungen Iraker, der mehrere Frauen in Weißenhorn belästigt haben soll
WEISSENHORN - Yalcin Tekinoglu möchte öffentlich über seinen Mandanten sprechen. Weil die Taten, die der 20 Jahre alte Iraker in Weißenhorn begangen haben soll, Aufsehen erregt haben und viele Menschen verunsichert haben.
Zur Erinnerung: Seit Ende Juli sitzt der junge Mann in Untersuchungshaft. Er steht unter Verdacht, acht Frauen in Weißenhorn sexuell belästigt und begrabscht zu haben. Noch schwerer wiegt der Vorwurf, eine 58-Jährige an der Roth in Grafertshofen zum Sex gezwungen zu haben. Anklage hat die Staatsanwaltschaft Memmingen noch nicht erhoben. Die Ermittlungen dauern noch an, wie Thomas Hörmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft, auf Nachfrage sagt.
Tekinoglu, Rechtsanwalt aus Heidelberg, der den Iraker schon von Beginn an im Asylverfahren vertritt, hatte beantragt, den Haftbefehl unter Auflagen aufzuheben, damit der 20Jährige eine Therapie machen kann. „Er ist alkohol- und drogenabhängig“, sagt Tekinoglu. „Bei all den Delikten hat der Alkohol- und Drogenkonsum eine Rolle gespielt.“Das Landgericht Memmingen hat seinen Antrag abgelehnt, eine Entscheidung über eine Beschwerde steht noch aus.
Tekinoglu zufolge kommt der Asylbewerber, der Anfang 2015 in die Bundesrepublik einreiste, hierzulande viel leichter an Alkohol und Drogen als in seiner Heimat: „Das war für ihn leicht am Bahnhof in Ulm zu kriegen.“Die weiteren Ermittlungen haben nach Angaben des Verteidigers ergeben, dass sich der 20-Jährige schon längere als bisher bekannt im Raum Ulm aufgehalten hatte, wo Freunde von ihm leben. Die Polizei war erst davon ausgegangen, dass der Mann, der in einer Unterkunft im Rhein-Neckar-Kreis gemeldet war, die Frauen in Weißenhorn während eines mehrtägigen Besuches in der Region belästigt hatte.
Tekinoglu kritisiert die derzeitigen Lebensbedingungen für Asylbewerber in Deutschland, weil sie seiner Meinung nach Drogenkonsum und kriminelle Handlungen begünstigen. „Dass die Flüchtlinge nicht auf legalem Wege kommen können, sondern die Flucht über viele Grenzen oder übers Mittelmeer auf sich nehmen müssen, traumatisiert viele“, sagt er. So habe beispielsweise auch ein Schleuser in Bulgarien den jungen Iraker mit einem Messer bedroht. Weil die Reise so beschwerlich sei, machten sich vor allem junge, alleinstehende Männer auf den Weg, führt der Anwalt weiter aus. Ein Leben ohne Beschäftigung und ohne Familie in Deutschland – da komme es häufig vor, dass Asylbewerber zu Rauschmitteln greifen. Der junge Mann räume die Vorwürfe gegen sich ein, er habe inzwischen auch eine schriftliche Entschuldigung an die 58-Jährige verfasst, die er in Grafertshofen bedrängt haben soll.
Wie geht es nun weiter? Bis zum Prozess wird es noch einige Zeit dauern. „Mit dem Abschluss der Ermittlungen ist in ein paar Wochen zu rechnen“, sagt Hörmann. Yalcin Tekinoglu geht davon aus, dass die Verhandlung frühestens in sechs Monaten beginnt. So soll noch ein Gutachten über die Abhängigkeit seines Mandanten erstellt werden. Eine hohe Strafe habe er nicht zu erwarten, weil er nach Jugendstrafrecht verurteilt werde, sagt Tekinoglu. Und weil der Irak ein Bürgerkriegsland sei, sei eine Abschiebung dorthin nur schwer durchsetzbar.