Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Zu Gold geschwebt
Pauline Schäfer wird Weltmeisterin am Balken – Zudem Bronze für Tabea Alt
MONTREAL (SID) - Zwei sensationelle WM-Medaillen und viele Freudentränen: Die neue Weltmeisterin Pauline Schäfer und Tabea Alt haben bei den Welttitelkämpfen in Montreal deutsche Turngeschichte geschrieben. Der überraschende Sieg der Chemnitzerin und die Bronzemedaille für Alt waren zusammen der größte Erfolg für die deutschen Athletinnen seit 47 Jahren.
„Die letzten Momente vor meiner Übung waren richtig schlimm. Aber als es losging, hatte ich von der ersten Sekunde an ein gutes Gefühl“, berichtete die immer noch konsternierte Schäfer, die den Triumph des deutschen Duos „einfach cool“nannte.
Freudetrunken war Teamchefin Ulla Koch zu Späßen aufgelegt, als sie ihre Sportlerinnen immer wieder fest an sich drückte: „Eigentlich müsste ich jetzt zurücktreten, denn dieses Ergebnis ist nicht zu toppen.“
Obwohl sie sowohl in der Qualifikation als auch im Mehrkampf-Finale das beste Balken-Resultat aller Athletinnen herausgeturnt hatte, war Weltcup-Gesamtsiegerin Alt mit ihrer ersten WM-Medaille aus Bronze mehr als zufrieden. „Ich freue mich für Pauline, wir haben zusammen ein großes Ausrufezeichen gesetzt“, sagte sie.
Schluchzend lag sich das Duo im mit 10 000 Zuschauern ausverkauften Olympiastadion in den Armen, als das Endergebnis feststand. Mit der saubersten Übung des Finales gleich als erste Starterin schockte Schäfer, vor zwei Jahren bereits mit WM-Bronze dekoriert, die Konkurrenz sichtlich. Und die Ludwigsburgerin Alt machte als letzte Turnerin – ungeachtet eines kleinen Wacklers beim Durchschlagsprung – quasi den Deckel drauf. Dazwischen schob sich nur die neue Mehrkampf-Weltmeisterin Morgan Hurd (USA).
Bei der WM 1970 in Ljubljana war deutschen Turnerinnen zuletzt das gleiche Glanzstück geglückt. Ebenfalls am Schwebebalken siegte damals Erika Zuchold aus Leipzig, die Berlinerin Christine Schmitt wurde Dritte. Letzte deutsche Weltmeisterin war vor 30 Jahren Dörte Thümmler (Berlin) am Stufenbarren.
Im Schatten seiner weiblichen Kolleginnen hatte Marcel Nguyen mit der Entscheidung am Barren nichts zu tun. Mit einer soliden, allerdings eher unspektakulären Übung landete der ehemalige Europameister aus Unterhaching auf Rang sieben. Der Sieg ging an den Chinesen Zou Jingyuan, am Boden hatte zuvor Kenzo Shirai aus Japan triumphiert.
Das überaus erfolgreiche Abschneiden der deutschen Athletinnen hatte bereits am Samstag Elisabeth Seitz komplettiert. Einen Tag nach ihrem neunten Platz im Mehrkampf überzeugte die deutsche Mehrkampf-Meisterin aus Stuttgart auch im Stufenbarren-Finale und belegte trotz erheblichen Trainingsrückstands Rang fünf.