Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Putins Plan mit Syrien ist auch mit Risiken behaftet
Es habe sich „eine echte Chance zur Beendigung des seit Jahren andauernden Bürgerkriegs in Syrien aufgetan“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin beim Gipfel mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan und Irans Präsident Hassan Ruhani. Das Dreiertreffen in Sotschi endete mit dem Beschluss, eine „Konferenz des syrischen nationalen Dialogs“einzuberufen, bei dem Regierung und Opposition über die Zukunft des Landes sprechen sollen. Dies solle den Genfer Friedensprozess „stimulieren“, sagte Putin.
Ähnliche Bemühungen hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, ohne dass der Krieg in Syrien beendet werden konnte. Militärische und politische Entwicklungen könnten die Chancen von Putins Plan verbessern. Die militärische Lage hat sich durch Russland und Iran zugunsten von Assad gewandelt. Als Putin vor zwei Jahren erstmals Kampfflugzeuge nach Syrien schickte, stand Assad vor dem Aus, heute erobert die syrische Armee unter dem Schutz der russischen Luftwaffe immer mehr Gebiete zurück. Zudem haben der „Islamische Staat“(IS) und andere radikalislamische Milizen erheblich an Boden verloren. Während Putin mit Ruhani und Erdogan sprach, meldete das russische Verteidigungsministerium, der lange Zeit vom IS beherrschte Osten Syriens werde bald unter Kontrolle syrischer Regierungstruppen stehen. Im Kampf gegen den IS profitieren Russen und Syrer auch vom westlichen Einsatz gegen Dschihadisten.
Auf politischer Ebene sind die Vorzeichen ebenfalls günstig. Die Türkei hat ihre Prioritäten geändert. Anders als in den vergangenen Jahren, als Erdogan vor allem Assads Sturz anstrebte und sunnitische Milizen im Kampf gegen den syrischen Präsidenten unterstützte, will die Türkei heute einen Machtzuwachs der syrischen Kurden verhindern.
Mit russischem Einverständnis hat Erdogan zwei Militärinterventionen nach Nordsyrien gestartet, um die Kurden zu stoppen. Im Gegenzug stimmt er offenbar einem Amtsverbleib von Assad zu. In Sotschi sprach Erdogan von einem „freien und fairen“politischen Prozess in Syrien und verzichtete auf die Forderung nach einem Rücktritt von Assad.
Passivität der USA nutzt Moskau
Putin kann außerdem von der passiven Haltung der USA profitieren. Präsident Donald Trump hat wie sein Vorgänger Barack Obama das amerikanische Engagement in Syrien auf die Bekämpfung des IS abgestellt – die Rolle der USA nimmt also in dem Maße ab, wie die Dschihadisten geschwächt werden. Allerdings bringt Putins Plan auch Risiken für Moskau mit sich. Nun trage der russische Präsident die Verantwortung für die Entwicklungen in Syrien, erklärte das USAußenministerium. Der Kreml-Chef muss möglichst rasch Ergebnisse vorweisen können. Einfach wird das nicht. So bekräftigte Erdogan seinen Widerstand gegen eine Einladung der syrischen Kurdenpartei PYD zur geplanten „Dialog-Konferenz“.
Das meiste Kopfzerbrechen könnte Putin Iran machen. Wie Moskau hat auch Teheran der syrischen Regierung entscheidende militärische Hilfe gewährt. Nun steht Iran vor der Vollendung eines strategischen Ziels: eine schiitische Landbrücke vom eigenen Territorium bis zum Partner Hisbollah im Libanon. Dies macht Israel und die sunnitischen Golfstaaten nervös und könnte das Ende des Krieges verhindern, wenn die Golfstaaten sunnitische Milizen im Kampf gegen Iran in Syrien schicken.