Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Männer, die am Text verzweifeln
Wenn der Tag sich dem Ende entgegen neigt und Dunkelheit über die Stadt kriecht, zeigen sie ihre wahre Natur: Männer, die am Text verzweifeln. Redakteure laufen nämlich erst am späten Nachmittag zu ihrer Hochform auf, fangen an, Seiten zu befüllen – und sich den Unwegsamkeiten zu stellen, die sich ihnen in den Weg werfen.
Der Klassiker: Kollege A sitzt im Zimmer zu meiner Linken, Kollege B im Zimmer rechts. A bearbeitet einen Text, der nicht von ihm selbst stammt und daher erst einmal fügsam gemacht werden muss. Das ist mühselig. „Oh Kerle“, jammert A, „des ka doch so net stimma!“Gehämmer auf der Tastatur, ein leichtes Knurren. Vorsichtshalber schaue ich um die Ecke, ob sich ein hungriger Hund in die Redaktion verirrt hat. B ruft quer durch die Redaktion: „Was ist denn bei euch los?“Er ist (noch) gut drauf, hat er doch nebenher das Handy an und irischen Folk, um sich zu guter Laune zu dopen.
Eine halbe Stunde später ist auch er im Tal des Jammerns angekommen. „Was heißt das jetzt“, fragt er, mehr an sich selbst gerichtet. Mangelnde Ortskenntnis lässt ihn über einen Satz stolpern, „den verstehen nur Einheimische“, ist er überzeugt. Derweil ist es im Zimmer von Kollege A erstaunlich ruhig geworden. Offenbar hat er inzwischen seinen Arbeitsrhythmus gefunden. Übrigens ohne Irish Folk. Sláinte!